a) Relevanter Wertmaßstab

aa) Vorbemerkung

 

Rn. 272

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

§ 253 Abs. 4 nennt zur Ermittlung potenzieller Abschreibungen die folgenden drei Wertmaßstäbe:

(1) Börsenpreis,
(2) Marktpreis und
(3) beizulegender Wert.
 

Rn. 273

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bereits beim Börsen- oder Marktpreis handelt es sich um Ausprägungen des beizulegenden Werts (vgl. Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 282). Da sich die Bewertungsgenauigkeit der o. g. drei Wertmaßstäbe jedoch mit absteigender Reihenfolge reduziert, ist ein aktueller und valider Börsenpreis vorzugsweise der Bewertung zugrunde zu legen. Existiert kein Börsenpreis, ist auf den nächstbesten Wertmaßstab, den Marktpreis, zurückzugreifen. Als aktueller Stichtagswert gilt nach § 253 Abs. 4 Satz 1 allerdings nicht der Börsen- oder Marktpreis unmittelbar, sondern der Wert, der sich aus dem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag "ergibt". Dem Wortlaut folgend ist damit nicht der Börsen- oder Marktpreis am BilSt als solcher relevant, sondern ein insbesondere um Transaktionskosten modifizierter Börsen- oder Marktpreis. Diese Transaktionskosten wirken sich bei einer beschaffungsmarktorientierten Bewertung erhöhend und bei einer absatzmarktorientierten Bewertung mindernd aus (vgl. Haufe HGB-Komm. (2019), § 253, Rn. 281).

 

Rn. 274

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Sind weder Börsen- noch Marktpreise verfügbar, ist der beizulegende Wert ganz allg. maßgeblich, d. h., die verbleibenden Ausprägungen des beizulegenden Werts sind zu ermitteln (vgl. auch HdR-E, HGB § 253, Rn. 282ff.).

bb) Ableitung aus dem Börsenpreis

 

Rn. 275

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Unter dem Börsenpreis ist der Kurs zu verstehen, der an einer regulierten Börse zum BilSt festgestellt wird, sofern es zu Umsätzen am entsprechenden Marktplatz gekommen ist (vgl. WP-HB (2019), Rn. F 187). Dabei können sowohl Kurse an inländischen als auch an ausländischen Börsen wertrelevant sein (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 504f.).

 

Rn. 276

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei der Festlegung des Börsenpreises ist zunächst auf den Kurs abzustellen, der sich am Hauptmarkt gebildet hat. Der Hauptmarkt ist der Markt, an dem die zu bewertenden VG (z. B. Waren, Wertpapiere) primär gekauft oder verkauft werden (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 505). Sofern der Kurs einer ausländischen Börse herangezogen wird, hat eine Umrechnung in die inländische Währung zu erfolgen. Als Umrechnungskurs kommt analog § 256a Satz 1 insbesondere der Devisenkassamittelkurs am BilSt infrage.

 

Rn. 277

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Fraglich ist, ob der Kurs, den freie Makler i. R.d. geregelten Freiverkehrs ermitteln, als "Börsenkurs" angesehen werden kann. Praktisch ist diese Frage jedoch bedeutungslos, weil die Kurse der Freiverkehrswerte auf jeden Fall als Marktpreise angesehen werden können (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 506). Damit erfüllen sie die Funktion des aktuellen Stichtagswerts.

cc) Ableitung aus dem Marktpreis

 

Rn. 278

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Der Marktpreis ist "derjenige Preis, der an einem Handelsplatz für Waren einer bestimmten Gattung von durchschnittlicher Art und Güte zu einem bestimmten Zeitpunkt im Durchschnitt gewährt wurde" (WP-HB (2019), Rn. F 187). Dabei ist bei der Bestimmung des relevanten Markts insbesondere auf eine angemessene räumliche Abgrenzung des Markts, die Häufigkeit der Geschäftsabschlüsse und die Vergleichbarkeit (Homogenitätsgrad) der gehandelten Güter zu achten.

 

Rn. 279

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Als relevanter Markt kommt nur ein Markt in Betracht, auf dem der Bilanzierende als Anbieter oder Nachfrager auftreten kann. Wird der zu bewertende VG nur auf einem Markt gehandelt, zu dem der Bilanzierende keinen Zutritt hat, oder wird der VG nur gelegentlich oder in abweichender Qualität gehandelt, darf der Marktpreis für Zwecke eines Niederst­werttests nicht verwendet werden.

 

Rn. 280

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

Bei dem Börsen- oder Marktpreis handelt es sich um einen fiktiven Hilfswert zur Ableitung des niedrigeren Werts am Abschlussstichtag gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1. Demnach ist der Börsen- oder Marktpreis ein "fiktiver" Anschaffungspreis, der konsequenterweise um etwaige fiktive Anschaffungsnebenkosten zu erhöhen ist und ggf. um mögliche AK-Minderungen reduziert werden muss.

 

Rn. 281

Stand: EL 30 – ET: 5/2020

(Börsen- oder) Marktpreise unterliegen mehr oder weniger starken Schwankungen im Zeitverlauf. Die Preisnotierung kann am BilSt einen besonders hohen oder einen besonders niedrigen Zufallswert annehmen, der für die Preisentwicklung im Zeitverlauf nicht repräsentativ ist. Ein Abweichen von solchen Zufallskursen zum BilSt ist grds. möglich. § 253 Abs. 4 Satz 1 fordert nicht den Ansatz des tatsächlichen (Börsen- oder) Marktpreises, sondern eines aus einem (Börsen- oder) Marktpreis abgeleiteten Werts.

Übersteigt der Kurs am BilSt das allg. Kursniveau wesentlich, ist ein Abschlag (z. B. durch die Verwendung eines Durchschnittskurses) zu prüfen. Eine reine, unkritische Übernahme eines Kurses ist nicht gestattet (vgl. ADS (1995), § 253, Rn. 512; Beck Bil-Komm. (2020), § 253 HGB, Rn. 514). Liegt ein Zufallskurs unter dem allg. Kursniveau, ist nach dem Vorsichtsprinzip (...

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