Rn. 150

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Der wesentliche Zweck der Steuerabgrenzungskonzeption besteht darin, künftige Steuerbe- und -entlastungen zu antizipieren. Demgemäß regeln die gesetzlichen Bestimmungen die Ermittlung von latenten Steuern unter Verwendung der UN-individuellen Steuersätze im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen (vgl. § 274 Abs. 1 Satz 1). Da der Steuerlatenzierung auf vortragsfähige Sachverhalte eine entsprechende Zwecksetzung zugrunde liegt, kann für aktive latente Steuern auf Verlust- und Zinsvorträge nichts anderes gelten.

 

Rn. 151

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Prognose eines künftig anzuwendenden Steuersatzes ist auf Basis des gegenwärtigen Kenntnisstands allenfalls für in naher Zukunft liegende BilSt und daher für kurzfristige Sachverhalte möglich. Daher kommt in praxi der am jeweiligen BilSt gültige Ertragsteuersatz – auch für mittel- und langfristig erwartete Umkehrungszeitpunkte von bilanzierten latenten Steuern – zur Anwendung.

 

Rn. 152

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Anwendung eines sachgerechten Steuersatzes setzt die Berücksichtigung der steuerlichen Gegebenheiten voraus. Deutsche KapG haben für die Bemessung latenter Steuern für ihren im Inland belegenen Betrieb die KSt zzgl. SolZ sowie die GewSt mit in den Steuersatz einzubeziehen. Unterhält ein UN mehrere Betriebstätten, die sich in Gemeinden mit unterschiedlichen Hebesätzen befinden, ist unter Anwendung des in § 29 GewStG kodifizierten Zerlegungsmaßstabs ein nach der Lohnsumme gewogener durchschnittlicher Hebesatz zu ermitteln (vgl. HdJ Abt. I/18 (2019), Rn. 47).

 

Rn. 153

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Bei einem KSt-Satz von 15 % (vgl. § 23 Abs. 1 KStG), einem SolZ von 5,5 % auf die KSt (vgl. § 4 SolZG), einer Steuermesszahl für den Gewerbeertrag von 3,5 % (vgl. § 11 Abs. 2 GewStG) sowie einem angenommenen GewSt-Hebesatz von 400 % und unter Vernachlässigung von gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen ermittelt sich ein kombinierter Gesamtsteuersatz von 29,82 %, wie folgende Berechnung zeigt:

 

Rn. 154

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Die Besteuerung von gewerblich tätigen PersG ist zweigeteilt. Während eine PersG bei Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i. V. m. § 15 EStG als gewerbesteuerliches Steuersubjekt selbst die GewSt schuldet, erfolgt die ertragsteuerliche Zurechnung der erwirtschafteten Gewinne und Verluste beim jeweiligen Mitunternehmer (steuerliches Transparenzprinzip). Aufgrund der ertragsteuerlichen Besonderheiten können auf der Ebene der PersG insoweit keine künftigen Steuerbe- oder -entlastungen resultieren. Da latente Steuern nur insoweit anzusetzen sind respektive angesetzt werden dürfen, als eine künftige Steuerbe- oder -entlastung bei dem bilanzierenden UN entsteht, müssen bzw. dürfen PersG nur latente GewSt bilanzieren (vgl. HdR-E, HGB § 274, Rn. 360ff.).

 

Rn. 155

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Der Zeitpunkt der Berücksichtigung von Steuersatzänderungen ist gesetzlich nicht geregelt. In Anlehnung an die Bewertungsgrundsätze des IAS 12 ist eine Steuersatzänderung zu berücksichtigen, wenn sie am BilSt beschlossen ist und Rechtskraft erlangt hat ­(enacted) oder deren Änderung angekündigt ist und die bereits erfolgten Rechtsakte des legislativen Prozesses materiell wie eine Inkraftsetzung wirken (substantively enacted). In Deutschland gilt das Gesetzgebungsverfahren am BilSt als faktisch abgeschlossen, wenn der Beschluss des BT erfolgte und die ggf. erforderliche Zustimmung des BR bzw. Einigung beider Organe im Vermittlungsausschuss vorliegt (vgl. ADS (2002), Abschn. 20 (2007), Rn. 25). In der Gesetzesbegründung zum RegE des BilMoG wird daher klargestellt, dass die Verabschiedung der Gesetzesänderung durch die zuständige Körperschaft erfolgt sein muss. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn der BR seine Zustimmung erteilt hat (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 149). Auf die für das Inkrafttreten des Gesetzes erforderliche Unterschrift des Bundespräsidenten kommt es insofern nicht an.

 

Rn. 156

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Hat eine inländische Gesellschaft eine im Ausland belegene Betriebstätte und ist das Besteuerungsrecht (bspw. durch die Bestimmungen eines DBA) dem Belegenheitsstaat zugewiesen, sind die latenten Steuern für das Betriebstättenvermögen auf Basis des im Ausland geltenden gesetzlichen Steuersatzes (zzgl. etwaiger Zuschlagssätze) zu ermitteln (vgl. auch Wendholt/Wesemann, DB 2009, Beilage Nr. 5 zu Heft 23, S. 64 (68)). Zudem ist die im Inland zur Anwendung kommende Methode zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung (z. B. Anrechnungs- oder Freistellungsmethode) zu berücksichtigen. Die Verwendung eines Mischsteuersatzes, der einheitlich auf das (in- und ausländische) Gesamtvermögen angewandt wird, ist nur in Ausnahmefällen sachgerecht. Dies ist bspw. gegeben, wenn das Betriebstättenvermögen von untergeordneter Bedeutung ist und mit dem Verfahren zur Ermittlung des Mischsteuersatzes nachgewiesen werden kann, dass der Mischsteuersatz die tatsächlichen Verhältnisse bestmöglich wiedergibt.

 

Rn. 157–169

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