Änderung bei der Abzinsung von Pensionsverpflichtungen

Der Gesetzgeber hat in diesem Jahr den Zeitraum für die Ermittlung des Durchschnittszinssatzes für die Abzinsung von Pensionsverpflichtungen auf 10 Jahre verlängert.

Bewertungsänderung

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften (BGBl I 2016 S. 396) wurde der Zeitraum für die Ermittlung des Durchschnittszinssatzes zur Abzinsung von Pensionsverpflichtungen von 7 auf 10 Jahre verlängert (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die Neuregelung zielt ausschließlich auf Altersversorgungsverpflichtungen; vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen (wie z. B. Verpflichtungen aus Altersteilzeit oder Lebensarbeitszeitkonten) oder sonstige Rückstellungen sind weiterhin mit dem 7-jährigen Durchschnittszinssatz abzuzinsen.

Die Neuregelung erfasst sowohl unmittelbare als auch (nicht passivierte) mittelbare Altersversorgungsverpflichtungen. Es besteht eine Pflicht zur Anwendung des 10-jährigen Durchschnittszinssatzes ("sind"). Ergibt sich bei erstmaliger Anwendung der Neuregelung eine Minderung der Pensionsrückstellungen, besteht eine Auflösungspflicht (eine analoge Anwendung des Beibehaltungswahlrechts nach Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB ist nicht zulässig).

Hinweis:

Zum 31.12.2015 führte die Neuregelung für Altersversorgungsverpflichtungen mit einer Restlaufzeit von 15 Jahren zu einem um 0,4 % höheren Abzinsungssatz von 4,31 % bei einem 10-jährigen Durchschnittszinssatz anstatt von 3,89 % bei einem 7-jährigen Durchschnittszinssatz. Daraus resultierte abhängig vom unternehmensindividuellen Personenbestand und von der konkreten Ausgestaltung der Versorgungszusage eine Reduzierung der Pensionsrückstellung um ca. 4 bis 10 % (vgl. Geilenkothen/Rasch, KoR 2016 S. 132).

Steuerrechtlich bleibt es bei der Abzinsung mit 6 % nach § 6a EStG. Allerdings mindert sich der Bilanzunterschied zwischen handels- und steuerrechtlicher Pensionsrückstellung. Eine bilanzierte aktive latente Steuer ist insoweit erfolgswirksam aufzulösen bzw. erhöht sich eine bilanzierte passive latente Steuer (vgl. IDW HFA, IDW-FN 2016 S. 305).

Anhangangaben

Für passivierte Pensionsverpflichtungen ist gem. § 253 Abs. 6 Satz 1 HGB n. F. in jedem Geschäftsjahr der Unterschiedsbetrag zwischen der Abzinsung der Pensionsverpflichtung mit dem 10- und dem 7-jährigen Durchschnittszinssatz in einer Nebenrechnung zu ermitteln und gem. § 253 Abs. 6 Satz 3 HGB n. F. im Anhang oder (falls kein Anhang aufgestellt werden muss) unter der Bilanz anzugeben (gl. A. Kuhn/Moser, WPg 2016 S. 384).

Für nicht passivierte (i. d. R. mittelbare) Pensionsverpflichtungen muss dieser Unterschiedsbetrag nicht ermittelt werden. Allerdings ist für Zwecke der Ermittlung des sog. Fehlbetrags nach Art. 28 Abs. 2 EGHGB im Anhang nunmehr ein 10-jähriger Durchschnittszinssatz zu verwenden.

Ausweis der Bewertungsänderung in der GuV

Das Gesetz regelt nicht, in welcher GuV-Position die Änderung der Pensionsrückstellung bei erstmaliger Anwendung der Neuregelung zu erfassen ist. Nach IDW RS HFA 30.87 f. dürfen Erfolgswirkungen aus einer Änderung des Abzinsungssatzes im Finanzergebnis erfasst werden. Faktisch liegt damit ein Wahlrecht vor, den Effekt im operativen Ergebnis oder im Zinsergebnis auszuweisen. Aus Gründen der Darstellungsstetigkeit hat der Ausweis indes in Übereinstimmung mit der bisherigen Wahlrechtsausübung zu erfolgen, über die gem. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB im Anhang zu berichten ist.

Ausschüttungssperre § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB n. F.

Ein positiver Unterschiedsbetrag (= Minderaufwand = Vermögensmehrung) ist ausschüttungsgesperrt (§ 253 Abs. 6 Satz 2 HGB n. F.). So dürfen Gewinne nur dann ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden, frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem ermittelten (positiven) Unterschiedsbetrag entsprechen. Ist der Unterschiedsbetrag dagegen negativ, besteht keine Ausschüttungssperre für das Geschäftsjahr.

 Handelsbilanz (GE)Steuerbilanz (GE)Unterschied Wertansätze (GE)(Aktive) latente Steuern (GE)
Pensionsrückstellung auf Basis des 7-Jahres-Durchschnittszinssatzes1.000 70030090
Pensionsrückstellung auf Basis des 10-Jahres-Durchschnittszinssatzes 90070020060

Zu beachten ist, dass sich der ausschüttungsgesperrte (positive) Unterschiedsbetrag – bei einem Passivüberhang latenter Steuern – um den gegenläufigen Ergebniseffekt bei den latenten Steuern mindert (§ 268 Abs. 8 Satz 2 HGB analog). Im Beispiel ist der Unterschiedsbetrag (100 GE) um die Erhöhung der passiven (da Minderung der aktiven) latenten Steuern (30 GE) zu mindern, so dass nur ein Betrag von 70 GE ausschüttungsgesperrt ist.

Hinweis:

Obwohl § 253 HGB in den Vorschriften für alle Kaufleute verortet ist, ist die Ausschüttungssperre des § 253 Abs. 6 HGB n. F. nach Auffassung des HFA nur von Kapitalgesellschaften, nicht aber von Einzelkaufleuten und Personengesellschaften (auch i. S. d. § 264a HGB) zu beachten; das ergibt sich aus der unterschiedlichen Finanz- und Haftungsverfassung von Kapital- und Personengesellschaften (so bereits IDW RS HFA 7.38 zur Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB; vgl. IDW HFA, IDW-FN 2016 S. 305). Auch hat die Ausschüttungssperre keine Bedeutung für Konzernabschlüsse, da diese nur eine Informationsfunktion haben (Art. 75 Abs. 6 Satz 3, Abs. 7 Satz 3 EGHGB).

Abführungssperre zweifelhaft

Da (anders als bei der Einführung des § 268 Abs. 8 HGB) mit der Einführung des § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB n. F. § 301 AktG (Höchstbetrag der Gewinnabführung) nicht geändert wurde, ist derzeit unklar, ob mit der Ausschüttungssperre – bei Existenz eines Ergebnisabführungsvertrags (EAV) – auch eine Abführungssperre korrespondiert. Dabei streitet der Wille des Gesetzgebers (keine Abführungssperre) mit Äußerungen aus der Finanzverwaltung (Abführungssperre). Ob und wann es hierzu ein klarstellendes BMF-Schreiben geben wird, ist gegenwärtig offen.

Solange die Rechtsunsicherheit besteht, hält der HFA ein Wahlrecht bei der Ermittlung des abzuführenden Gewinns (Abführungssperre oder keine Abführungssperre) für zulässig. Die Wahl der jeweiligen Bilanzierungsmethode ist gem. § 284 Abs. 2 Nr. 1 HGB im Anhang anzugeben. Ferner ist nach Auffassung des HFA im Lagebericht innerhalb des Risikoberichts auf die steuerlichen (Anerkennung der Organschaft) und gesellschaftsrechtlichen (Haftung des Vorstands/Geschäftsführers) Risiken hinzuweisen. Sofern die erforderlichen Angaben gemacht werden, ergeben sich keine Auswirkungen auf den Bestätigungsvermerk (vgl. HFA, IDW Life 2016, S. 584).

Auswirkungen auf ggf. noch nicht amortisierte BilMoG-Unterschiedsbeträge

Fraglich ist, wie sich die Änderung des § 253 HGB, die i. d. R. zu einer Verminderung der Pensionsrückstellung führt, auf noch nicht amortisierte BilMoG-Unterschiedsbeträge, die zu einer Erhöhung der Pensionsrückstellung führen, auswirkt.

Existieren aus der Umstellung auf das BilMoG gem. Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHGB noch Zuführungsbeträge (= stille Lasten), besteht nach Auffassung des HFA ein faktisches Wahlrecht, diese mit dem gegenläufigen Entlastungseffekt aus der Zinssatzänderung entweder in Form eines verrechneten oder unverrechneten Ausweises zu erfassen (vgl. HFA, IDW-FN 2016 S. 306). Damit wird sichergestellt, dass keine Rückstellungsbeträge aufgelöst werden, die infolge der 1/15-Regelung bis zum Abschlussstichtag der Rückstellung noch gar nicht zugeführt wurden.

  • Verrechneter Ausweis: Die insgesamt noch ausstehenden Zuführungsbeträge können – außerhalb der GuV – mit dem Entlastungseffekt aus der Zinssatzänderung verrechnet werden. Eine ergebniswirksame Auflösung der Pensionsrückstellung in der GuV tritt nur ein, soweit der Entlastungseffekt größer ist als die insgesamt noch ausstehenden Zuführungsbeträge.
  • Unverrechneter Ausweis: In Höhe des Entlastungseffekts darf – neben der regulären jährlichen Zuführung (1/15) – eine gesonderte Zuführung (seit BilRUG mit gesondertem Ausweis innerhalb der sonstigen betrieblichen Aufwendungen gem. Art. 75 Abs. 5 EGHGB) und eine ebenfalls gesondert ausgewiesene Auflösung wegen Zinssatzänderung (entsprechend dem Ausweiswahlrecht als Finanzertrag oder sonstiger betrieblicher Ertrag) vorgenommen werden.

Verzichtet das Unternehmen – neben der regulären jährlichen Zuführung (1/15) – auf eine zusätzliche Zuführung in Höhe des Entlastungseffekts, kann dies nach Auffassung des HFA nicht beanstandet werden (vgl. HFA, IDW-FN 2016 S. 306).

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Änderungen sind erstmals für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 enden (Art. 75 Abs. 6 EGHGB; zur vorzeitigen Anwendung vgl. Art. 75 Abs. 7 EGHGB).

Hinweis:

Für Konzernabschlüsse gelten die dargestellten Neuerungen des § 253 Abs. 2 HGB n. F. mit Ausnahme der Ausschüttungssperre entsprechend (Art. 75 Abs. 6 Satz 3 und Abs. 7 Satz 3 EGHGB).

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