Leitsatz

Der Urkundsbeamte des FG ist auch dann für die Kos­tenfestsetzung nach § 149 Abs. 1 FGO zuständig, wenn der BFH als Gericht der Hauptsache in einem Verfahren der Aussetzung der Vollziehung entschieden hat, das nicht zuvor beim FG anhängig war.

 

Normenkette

§ 69 Abs. 3 Satz 1, § 114 Abs. 2, § 149 Abs. 1 FGO, § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 21 Abs. 1 Nr. 1 RPflG, § 164 VwGO, § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG

 

Sachverhalt

Der Kläger legte beim BFH Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen ein FG-Urteil ein. Zugleich beantragte er beim BFH die AdV des ESt-Bescheids. Der Antrag war erfolgreich. Anschließend beantragte der Kläger beim BFH die Festsetzung der Kos­ten für das AdV-Verfahren.

Der Kos­tenfestsetzungsantrag wurde vom BFH unter Hinweis auf die Zuständigkeitsregelung des § 149 Abs. 1 FGO an das FG mit der Bitte um Vornahme der Kos­tenfestsetzung übersandt. Der Urkundsbeamte des FG lehnte die Kostenfestsetzung mit der Begründung ab, der BFH sei für die Kos­tenfestsetzung zuständig.

 

Entscheidung

Der Urkundsbeamte des zuständigen Senats des BFH entschied, dass der Antrag des Klägers auf Festsetzung der Kos­ten des AdV-Verfahrens unzulässig und daher abzulehnen sei. Der Urkundsbeamte des BFH sei für die Kos­tenfestsetzung nicht zuständig; diese sei vielmehr nach § 149 Abs. 1 FGO vom Urkundsbeamten des FG als dem Gericht des ersten Rechtszugs vorzunehmen.

 

Hinweis

1. Es ist sicherlich ungewöhnlich, wenn sich der BFH dazu entschließt, eine Entscheidung des Urkundsbeamten eines BFH-Senats zur amtlichen Veröffentlichung zu bestimmen. Dies erschien jedoch deshalb angezeigt, weil zu der hier entschiedenen Rechtsfrage offenbar nur ältere Rechtsprechung (vor Inkrafttreten der FGO) vorliegt (vgl. Entscheidung des Urkundsbeamten des BFH vom 11.05.1967, V S 7/66, BStBl III 1967, 422). Zudem ist es auch für die Rechtspraxis von Bedeutung, wo Kostenfestsetzungsanträge einzureichen sind, wenn der BFH als Gericht der Hauptsache in einem AdV-Verfahren entschieden hat, das nicht zuvor beim FG anhängig war.

2. Nach § 149 Abs. 1 FGO werden die den Beteiligten zu erstattenden Aufwendungen auf Antrag von dem Urkundsbeamten des Gerichts des ­ersten Rechtszugs festgesetzt. Gericht des ers­ten Rechtszugs ist für das Hauptsacheverfahren stets das FG. Das FG ist jedoch auch dann als Gericht des ersten Rechtszugs i.S.d. § 149 Abs. 1 FGO anzusehen, wenn -- wie im Besprechungsfall -- der BFH als Gericht der Hauptsache mit ­einem nicht zuvor beim FG anhängigen (erstmaligen) AdV-Verfahren befasst wird.

Der Wortlaut des § 149 Abs. 1 FGO mag nicht eindeutig sein. Es erscheint durchaus vertretbar, den BFH bei einem AdV-Verfahren, das erstmalig bei ihm anhängig wird, als "Gericht des ersten Rechtszugs" anzusehen. Sinn und Zweck des § 149 Abs. 1 FGO besteht jedoch da­rin, durch die Schaffung einer generellen Zuständigkeit des Urkundsbeamten des FG für alle Kostenfestsetzungen eine schnellere und ortsnähere Kos­tenfestsetzung zu gewährleisten. Diese Zuständigkeitskonzentration ist auch für erstmalige AdV-Verfahren beim BFH maßgebend.

Dafür spricht auch, dass ein erstmaliges AdV-Verfahren vor dem BFH nur dann möglich ist, wenn beim BFH zugleich ein Revisions- oder Beschwerdeverfahren anhängig ist. Ein solches Hauptverfahren setzt aber voraus, dass beim FG bereits ein erstinstanzliches Hauptverfahren durchgeführt worden ist. Das AdV-Verfahren stellt damit trotz seiner formellen Selbstständigkeit lediglich ein Nebenverfahren zum Verfahren in der Hauptsache dar.

3. Die vom Urkundsbeamten vertretene Auffassung stimmt zudem überein mit der Rechtslage in zivil-, sozial- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss des Urkundsbeamten vom 03.12.2007, VI S 22/05

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