Leitsatz

Ein Kind, das einen zweijährigen Freiwilligendienst aller Generationen (Missionarsdienst) in den USA leistet, ist jedenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 3 (nunmehr Satz 6) EStG a.F. zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d, § 63 Abs. 1 Satz 3 a.F. EStG, § 8 AO

 

Sachverhalt

Der Sohn (S) der Klägerin, zugleich "Missionar" einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, leistete einen anerkannten Freiwilligendienst in den USA und zog in diesem Zusammenhang von zu Hause aus. Die Familienkasse gewährte der Klägerin daraufhin für S kein Kindergeld mehr, weil S weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, der EU oder dem EWR habe und auch nicht im Haushalt eines Berechtigten i.S.d. § 62 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG lebe. Der Einspruch blieb erfolglos. Die Vorinstanz (FG München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 26.2.2015, 10 K 585/14, Haufe-Index 7708651, EFG 2015, 993) wies die Klage für die Monate nach dem Wegzug in die USA unter Hinweis auf § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG a.F. ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen als unbegründet zurück.

 

Hinweis

Für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, haben, wird kein Kindergeld gewährt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG a.F., jetzt § 63 Abs. 1 Satz 6 EStG). Für die Schweiz gelten aufgrund eines Freizügigkeitsabkommens entsprechende Regelungen.

Andererseits hat der Gesetzgeber in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG die Berücksichtigungsfähigkeit eines Kindes für den Kinderfreibetrag auf Freiwilligendienste in Drittländern erweitert. Und das Auslandsstudium in Drittländern ist selbstverständlich auch eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.

Über § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 wirkt sich dies an sich auch beim Kindergeld aus. Gleichwohl hat der Gesetzgeber am Wohnsitz- oder Aufenthaltserfordernis des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG a.F. (jetzt § 63 Abs. 1 Satz 6 EStG) festgehalten.

Dies ist jedoch kein Widerspruch: Ein Kindergeldanspruch besteht auch in solchen Fällen nach dem erkennbaren gesetzgeberischen Willen nur bei Vorliegen der übrigen gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen (vgl. BT-Drucks. 17/7524, S. 11; BT-Drucks. 14/6582, S. 7). Kindergeld ist z.B. auch bei einem Auslandsstudium nur dann zu gewähren, wenn das Kind einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, der EU oder dem EWR beibehält (vgl. BFH, Urteil vom 23.6.2015, III R 38/14, BFH/NV 2015, 1736, BFHE 250, 381, BStBl II 2016, 102). Für Kinder, die einen anerkannten Freiwilligendienst im außereuropäischen Ausland leisten, gilt nichts anderes.

Die Anknüpfung der Kindergeldberechtigung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG a.F. als weitere Ausprägung des Territorialitätsprinzips ist auch nicht sachwidrig (vgl. z.B. BFH, Urteile vom 23.11.2000, VI R 165/99, BFH/NV 2001, 684, BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279, Rz. 12 ff.; vom 26.2.2002, VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912, unter 2., Rz. 11 ff.; jeweils m.w.N.). Sie ist verfassungsgemäß (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 7.4.2011, III R 77/09, BFH/NV 2011, 1351, Rz. 18; BFH, Beschluss vom 4.8.2013, III B 24/13, BFH/NV 2013, 1568, Rz. 6). Die Steuerfreistellung des Existenzminimums wird ggf. durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG gewährleistet (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1351).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.7.2016 – XI R 8/15

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