Leitsatz

Überweisungen auf das Bankkonto des leistenden Unternehmers werden nicht im Zeitpunkt der Gutschrift (Datum der Wertstellung), sondern im Zeitpunkt der Buchung auf dem Konto vereinnahmt.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielt als Designer umsatzsteuerpflichtige Umsätze und berechnet die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2019 und erhöhte unter anderem die umsatzsteuerpflichtigen Umsätze um rund 30.000 EUR (netto), weil diese Einnahmen bereits am 31.12.2019 gutgeschrieben, also vereinnahmt worden seien. Buchungstag sei der 2.1.2020 mit Wertstellung zum 31.12.2019 gewesen. Dagegen machte der Kläger geltend, dass er im Streitjahr noch nicht über die Beträge habe verfügen können, weil diese erst am 2.1.2020 gebucht worden seien. Die Wertstellung auf den 31.12.2019 (Dienstag) sei lediglich für die Verzinsung von Bedeutung. Seinem Einspruch wurde nicht stattgegeben.

 

Kommentar

Entscheidung:

Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Danach ist das Finanzamt zu Unrecht davon ausgegangen, dass die streitigen Erlöse in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer des Jahres 2019 einzubeziehen sind. Vereinnahmt worden ist das Entgelt erst, wenn der leistende Unternehmer eine Gegenleistung erhält, über die er wirtschaftlich verfügen kann. Bei Überweisungen auf ein Bankkonto des leistenden Unternehmers vereinnahmt dieser das Entgelt nach der Überzeugung des Gerichts nicht zum Zeitpunkt der Gutschrift (Datum der Wertstellung) auf dem Konto, sondern im Zeitpunkt der Buchung auf dem Konto des Empfängers, da vor diesem Zeitpunkt rein buchungstechnisch das Geld auf dem Konto noch nicht ersichtlich zugeflossen und zumindest faktisch damit nicht verfügbar ist.

Das bedeutet, dass der Kläger erst am 2.1.2020 und damit nicht mehr im Streitzeitraum 2019 über den gutgeschriebenen Betrag verfügen konnte. Soweit das Finanzamt demgegenüber unter Verweis auf die Kommentarliteratur und die Vorschrift des § 675t Abs. 1 Satz 1 BGB die gegenteilige Ansicht vertritt, vermag dies nicht zu überzeugen. Die genannte Vorschrift, wonach der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verpflichtet ist, diesem den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem der Betrag auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist, regelt schon ihrem Wortlaut nach lediglich eine Verpflichtung der Bank, die indes an der tatsächlichen Verfügungsmacht für den Zahlungsempfänger nichts zu ändern vermag. Wenn beispielsweise die Bank im Einzelfall der Verpflichtung nicht nachkommt und erst 14 Tage später eine Gutschrift veranlasst, kann die bloße Verpflichtung der Bank zu einer unverzüglichen Gutschrift nichts an der fehlenden tatsächlichen Verfügungsmacht ändern.

Praxishinweis:

Die Problematik ist in der Praxis insbesondere zum Jahreswechsel relevant, da Kreditinstitute in vielen Fällen die Zahlungsvorgänge nicht bis zum 31.12. "erledigen" (können). Gutschriften werden dann oftmals erst zu Beginn des neuen Jahres übermittelt. Der BFH hat die Sichtweise des Finanzgerichts mittlerweile bestätigt und die Revision des Finanzamts zurückgewiesen (BFH, Urteil v. 17.8.2023, V R 12/22).

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.05.2022, 5 K 5133/21

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