Rz. 785

Bei Publikums-GmbH & Co. KGen, sog. Anlagegesellschaften, tritt häufig die Frage auf, ob eine Gewinn- bzw. Verlustrechnung steuerrechtlich auch anerkannt wird, wenn Gesellschafter (Treugeberkommanditisten) nicht zum selben Zeitpunkt der Gesellschaft beitreten, sondern über einen längeren Zeitraum verteilt. Streitig ist hierbei, ob der neu eintretende Gesellschafter auch mit steuerrechtlicher Wirkung an dem bis zu seinem Beitritt erwirtschafteten Ergebnis beteiligt werden kann. Handelsrechtlich richtet sich die Ergebnisverteilung zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft grundsätzlich nach den zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen, andernfalls nach den dispositiven Vorschriften der §§ 121, 168 HGB. Daher kommt Sommer[1] zu folgendem Ergebnis:

Zitat

  1. Werden keine besonderen Vereinbarungen getroffen, ist der im Laufe eines Geschäftsjahres eintretende Gesellschafter kraft Gesetzes zivilrechtlich am Ergebnis des gesamten Geschäftsjahres beteiligt.
  2. Vereinbarungen über die Beteiligung eines neu eintretenden Gesellschafters am gesamten Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres sind grundsätzlich auch steuerrechtlich zu beachten.
  3. Auffassungen, die die steuerrechtliche Wirksamkeit von Vereinbarungen über die Beteiligung des eintretenden Gesellschafters am Ergebnis des gesamten Geschäftsjahres bestreiten, sind abzulehnen, da sie u. a. zu unerträglichen Divergenzen zwischen der steuerrechtlichen und der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung führen.
  4. Die Beteiligung eines im Laufe eines Geschäftsjahres eintretenden Gesellschafters am Ergebnis des gesamten Geschäftsjahres erfüllt nicht den Tatbestand des steuerrechtlichen Rückwirkungsverbotes.
 

Rz. 786

Dieser Literaturauffassung steht die BFH-Rechtsprechung entgegen. Nach dem Urteil des BFH v. 7.7.1983[2] ist es bei einer gewerblich tätigen Personengesellschaft steuerrechtlich nicht möglich, beim Eintritt eines weiteren Gesellschafters in die Personengesellschaft während des Wirtschaftsjahres den bis zum Eintrittszeitpunkt entstandenen (d. h. durch die Geschäftsvorfälle bis zu diesem Zeitpunkt verwirklichten) Gewinn oder Verlust durch eine schuldrechtliche Rückbeziehung der Eintrittsvereinbarung als laufenden Gewinn oder Verlust einkommensteuerrechtlich von den bisherigen Gesellschaftern ganz oder teilweise auf den neu eintretenden Gesellschafter zu verlagern. Nach herrschender steuerlicher Auffassung darf dem Gesellschafter einer gewerblich tätigen KG nur ein Anteil an dem seit dem Zeitpunkt seines Beitritts erwirtschafteten Verlust zugerechnet werden. Dieses bedeutet, dass die steuerlichen Ergebnisse (Verluste) getrennt für die Gesellschaftergruppen, die zu denselben Stichtagen beigetreten sind, ermittelt ("abgeschichtet") werden müssen. In der Praxis werden Gesellschafter, die innerhalb von jeweils zwei Monaten beitreten, aus Vereinfachungsgründen als einheitliche Gruppe zusammengefasst. Grundlage für die Verfahrensweise ist das BFH-Urteil v. 7.7.1983.[3] Zu Abschichtungsfragen bei rein vermögensverwaltend tätigen KGen hat sich der BFH in dem schon vorstehend zitierten BFH-Beschluss v. 19.8.1986 dahin gehend geäußert, dass ein Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen jeweils nur den Personen zugerechnet werden könne, die im Zeitpunkt des Zu-/Abflusses von Einnahmen/Ausgaben nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen Gesellschafter waren. Wegen des strengen Zu- und Abflussprinzips dürfe dabei nicht auf die Entscheidung der einzelnen Geschäftsvorfälle abgestellt werden.

 

Rz. 787

In der Praxis wird die sich aus der BFH-Rechtsprechung ergebende Problematik der "Abschichtung" dadurch gelöst, dass Ergebnisverteilungsabreden getroffen werden, durch die erreicht wird, dass Neu- und Altgesellschafter im Ergebnis gleich hohe Verluste zu tragen haben. Dazu können die Verluste einer Wirtschaftsperiode so lange ausschließlich den später beigetretenen Gesellschaftern zugerechnet werden, bis die Verlustquote der Neugesellschafter der Quote der Altgesellschafter entspricht. Voraussetzung für eine derartige Verlustverteilungsabrede ist, dass sie gesellschaftsvertraglich von vornherein vorgesehen ist und dass der nach dem Beitritt des Gesellschafters im Geschäftsjahr erwirtschaftete Verlust ausreicht, um die dem Gesellschafter zugewiesenen Verluste abzudecken. Daher hat der VIII. Senat des BFH die Gleichstellung neu eintretender Gesellschafter bei der Gewinnbeteiligung mit Urteil v. 17.3.1987[4] bejaht und folgenden Grundsatz aufgestellt: "Wird bei der Gründung einer KG vereinbart, dass für die ersten beiden Geschäftsjahre die Gewinn- und Verlustverteilung in der Weise erfolgen soll, dass sämtliche in diesen beiden Geschäftsjahren eintretenden Kommanditisten gleichzustellen sind, und erhalten demzufolge die erst im zweiten Geschäftsjahr der KG beigetretenen Kommanditisten einen höheren Anteil am Verlust der KG als die bereits im ersten Geschäftsjahr beigetretenen, so ist dies steuerlich anzuerkennen, wenn eine solche Gewinn- und Verlustverteilungsabrede betrie...

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