Rz. 1903

Zur Begründung einer (körperschaft-) steuerrechtlich wirksamen Organschaft ist neben der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft (OG) in den Organträger (OT) ein Gewinnabführungsvertrag (GAV oder EAV = Ergebnisabführungsvertrag i. S. d. § 291 AktG analog) erforderlich. Die Organschaft berücksichtigt die gesellschaftsrechtliche Möglichkeit, Gesellschaften als abhängige – rechtlich zwar selbstständige, wirtschaftlich aber eingegliederte – Teile eines Konzerns zu führen. Dieser wirtschaftlichen Unselbstständigkeit entspricht – mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Einzelnen – der Grundgedanke der Organschaft, dass das abhängige Unternehmen (OG) nicht selbst zur Besteuerung herangezogen wird, sondern das Einkommenszurechnungssubjekt die übergeordnete Einheit (OT) darstellt. Gem. dem Wortlaut der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 17 KStG setzt das Bestehen einer Organschaft bei der OG einen doppelten Inlandsbezug, d. h. Sitz und Geschäftsleitung im Inland, voraus. Auf Grund europarechtlicher Bedenken verzichtet jedoch die Finanzverwaltung neuerdings über den Wortlaut der Regelungen hinaus auf das Vorliegen des doppelten Inlandsbezugs in den Fällen, in denen es sich bei der OG um eine im EU/EWR-Ausland gegründete Kapitalgesellschaft handelt.[1] Es reicht nunmehr aus, dass sich die Geschäftsleitung im Inland befindet.

 

Rz. 1904

Die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft berücksichtigt die rechtliche Selbstständigkeit der Organgesellschaft und lässt die Verpflichtung der Organgesellschaft, das Einkommen in einem ersten Schritt zu ermitteln, unberührt. Allerdings wird das ermittelte Einkommen in einem zweiten Schritt dem Organträger wie ein eigenes Einkommen zugerechnet.

 

Rz. 1905

Nur durch einen Ergebnisabführungsvertrag wird die Möglichkeit eröffnet, das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger unmittelbar zuzurechnen. Allerdings muss der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen der Organgesellschaft zusteht – sog. finanzielle Eingliederung (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG).[2] Dabei muss die Beteiligung nicht unmittelbar bestehen, vielmehr genügt auch eine mittelbare Beteiligung, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG).[3] Die Voraussetzung des Ergebnisabführungsvertrages besteht unabhängig davon, ob die Organgesellschaft die Rechtsform einer AG bzw. KGaA oder GmbH hat (vgl. § 14 i. V. m. § 17 KStG). Der Ergebnisabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während der gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG).

 

Rz. 1906

Ab 2003 kann das Einkommen der Organgesellschaft (nachfolgend OrgG) dem Organträger (nachfolgend OrgT) erstmals im Wirtschaftsjahr der vollzogenen Eintragung des Ergebnisabführungsvertrages zugerechnet werden. Dies ist der Fall, wenn das Wirtschaftsjahr endet, in dem der Ergebnisabführungsvertrag wirksam wird.[4] Der bloße Abschluss des Ergebnisabführungsvertrages zu diesem Zeitpunkt reicht nicht mehr aus. Dies führt insbesondere bei Unternehmenskäufen oft zu Schwierigkeiten, die nur durch Umstellung des Wirtschaftsjahres zu lösen sind.

 

Rz. 1907

Die steuerliche Einkommensermittlung der Organschaft für die OrgG und den OrgT hat zunächst von der HB der beteiligten Gesellschaften auszugehen. Handelsrechtlich wird die Gewinnabführung bzw. die Verlustübernahme über die GuV abgewickelt, steuerrechtlich handelt es sich um eine außerbilanzielle Einkommenszurechnung. Daher ist zunächst das Einkommen der OrgG und des OrgT so zu ermitteln, als ob sie unabhängige Gesellschaften wären. Daraus folgt, dass die bilanziellen Auswirkungen der Organschaft in einem ersten Schritt rückgängig gemacht werden, bevor in einem zweiten Schritt das Einkommen der OrgG dem OrgT zugerechnet wird. Diese beiden Schritte werden außerhalb der Bilanz der OrgG und des OrgT vollzogen. Eine Besonderheit bilden Ausgleichszahlungen (§ 304 AktG, § 16 KStG), Sie sind jeweils von der OrgG selbst zu versteuern. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bildet (zur Sicherstellung der Einmalbesteuerung) "eigenes Einkommen der OrgG" unabhängig davon, wer die Ausgleichszahlungen leistet.

 

Rz. 1908

Der Ergebnisabführungsvertrag selbst bedarf lediglich der Schriftform und muss – aus steuerlichen Gründen – nur die Verpflichtung der vollständigen Gewinnabführung bzw. bei einer Organgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH die Vereinbarung der Verlustübernahme (§ 17 Satz 2 Nr. 2 KStG)[5] und die Mindestlaufzeit enthalten. Der Vertrag muss auf mindestens fünf (Zeit-)Jahre[6] abgeschlossen und für diesen Zeitraum auch durchgeführt werden. Eine Beendigung des Ergebnisabführungsvertrages während eines Jahres wirkt dabei auf den Beginn dieses Wirtschaftsjahres zurück (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 3 KStG). Der Vertrag muss auch während dieser Zeit entsprechend dem (hande...

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