Rz. 36

Die Bedeutung dessen, wie die Begriffe "Vermögensgegenstand" und "Wirtschaftsgut" definiert werden, zeigt sich insbesondere im Bereich des immateriellen Vermögens.[1] Während bezüglich der Abgrenzung zum Geschäfts- oder Firmenwert und zu den geleisteten Anzahlungen und verlorenen Zuschüssen auf die entsprechenden Ausführungen an anderer Stelle verwiesen wird,[2] ist an dieser Stelle auf die grundsätzliche Einordnung der Nutzungsrechte einzugehen.

 

Rz. 37

Ob Nutzungsrechte als Vermögensgegenstände angesehen werden, hängt davon ab, welche Interpretation des Vermögensgegenstandes zugrunde gelegt wird.[3] Während bei Orientierung an der tatsächlichen Einzelveräußerbarkeit fast allen Nutzungsrechten – außer dem Erbbaurecht – die Vermögensgegenstandseigenschaft abzusprechen wäre, obwohl deren Werthaltigkeit nicht durch die Möglichkeit zur Veräußerung oder Weiterüberlassung, sondern durch die Möglichkeit zur Nutzung zum Ausdruck kommt, ist bei Orientierung an der Definition des Vermögensgegenstandes auf der Grundlage der rechtlichen Konkretisierung – Kennzeichnung des Vermögensgegenstandes durch die als Einzelheit des kaufmännischen Verkehrs fassbaren Güter bzw. Orientierung an den rechtlich für den Fall des typischen Geschehensablaufs und damit der Fortführung des Unternehmens gesicherten Vorteile, die eine einzeln erfassbare und bewertbare Herrschaftsmöglichkeit gewähren – das Vorhandensein einer rechtlich gesicherten Möglichkeit zur Nutzung – bei ordnungsgemäßer Vertragsabwicklung – für einen bestimmten oder bestimmbaren Zeitraum maßgebend.

Dabei wäre also die rechtlich gesicherte Nutzungsposition unter Beachtung erforderlicher Objektivierungsrestriktionen maßgebend, sodass das Vorhandensein eines aktivierungsfähigen Vorteils nicht mehr in erster Linie an dessen Abgangsfähigkeit, sondern an dessen Zugangsfähigkeit gemessen würde.[4]

 

Rz. 38

Die Interpretation des Begriffs "Wirtschaftsgut" mit seinen Teilkriterien der Aufwandsentstehung, des Vorliegens eines zukünftigen Nutzens und der selbstständigen Bewertbarkeit gestattet grundsätzlich eine Aktivierung von Nutzungsrechten, sofern nicht bei laufender Entrichtung des Nutzungsentgelts das Aufwandskriterium – zu Unrecht – als nicht gegeben angesehen wird. Gerade auch das Abstellen der neueren Rechtsprechung auf die Konkretisierung eines Vorteils als Recht oder rechtsähnliche Position und auf die Bestimmbarkeit eines greifbaren Ausgabengegenwertes zeigt, dass nicht jede Ausgabe ein Wirtschaftsgut begründen kann; sie zeigt aber auch, dass rechtlich gesicherte Vorteile – unabhängig davon, ob dieser Vorteil veräußerbar, verwertbar oder selbstständig nutzungsfähig ist – unter bestimmten objektivierungsbedingten Voraussetzungen auch als Wirtschaftsgut anzusehen sind. Insofern ergibt sich eine Parallelität zur Definition des Vermögensgegenstandes, die von bürgerlich-rechtlichen Begriffsmerkmalen ausgeht.

Wenn Meyer-Scharenberg Nutzungsrechten die Wirtschaftsgutseigenschaft "aus den Merkmalen des Wirtschaftsgutbegriffs" abspricht,[5] dann ist das nicht in Übereinstimmung zu bringen mit der Definition des Wirtschaftsgutes durch den BFH. Nur dann, wenn – was aber nicht der Fall ist und auch nicht berechtigt wäre – auf die Voraussetzung der selbstständigen Übertragbarkeit abgestellt würde, könnte fast allen Nutzungsrechten die Eigenschaft eines Wirtschaftsgutes abgesprochen werden.[6] Allerdings knüpft er seine Kritik an der Wirtschaftsgutseigenschaft von Nutzungsrechten weniger daran, sondern mehr an den Punkt, dass die Rechtsprechung "Nutzungsrechte häufig als Wirtschaftsgüter (bezeichnet), ohne sie allerdings nach den für Wirtschaftsgüter geltenden Grundsätzen zu behandeln. Diese Tatsache ist […] Grund genug, die Wirtschaftsgutsvorstellung aufzugeben".[7] Zur Begründung führt er zu Recht an, der BFH behandle die Nutzungsentgelte nicht als Anschaffungspreis eines Wirtschaftsgutes "Nutzungsrecht", und stellt die Frage, ob es "tatsächlich Wirtschaftsgüter geben (sollte), die keinen Anschaffungspreis haben."[8] Die Aktivierung von Nutzungsrechten wird vom BFH aber – was Meyer-Scharenberg verkennt – nicht deshalb abgelehnt, weil sie keine Anschaffungskosten hätten, sondern deshalb, weil sich der BFH auf die einer Bilanzierung entgegenstehende Beurteilung der Nutzungsverhältnisse als schwebende Geschäfte beruft, die als Bestandteil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung derzeit einen Ausweis der Nutzungsrechte verhindern.[9]

 

Rz. 39

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat in seinem Beschluss v. 26.10.1987[10] die traditionelle Verwendung des Wirtschaftsgutsbegriffs – und seine Übereinstimmung mit dem Begriff "Vermögensgegenstand" – bestätigt, in diesem Zusammenhang die Wirtschaftsgutseigenschaft zu erwartender Nutzungsvorteile abgelehnt und diejenige von Nutzungsrechten – wenn auch bei Einlagen für die Bewertung der Zweck der Einlagenregelung berücksichtigt werden muss – bestätigt.[11]

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