Interessante Anwendungen für die Lineare Optimierung ergeben sich vor allem auch dann, wenn Ressourcenengpässe bzw. knappe Ressourcen vorliegen. Dies können beispielsweise Kapazitätsengpässe, beschränkte Materialmengen oder auch der Anfall von Kuppelprodukten sein. Hier ergibt sich ein typisches Betätigungsfeld für einen Controller, um die wirtschaftlichste Lösung zu generieren.

Aufbauend auf dem obigen Mischungsbeispiel ist nun die zusätzliche Möglichkeit gegeben, einen "Compound B50" mit etwas variierenden Mindest-Inhaltsstoffen und einem Erlös von 4.800 zu produzieren. Außerdem beanspruchen die beiden Produktionsalternativen Compound A100 und Compound B50 jeweils die Herstellkapazität.

Der Modellaufbau enthält nun zusätzlich die Erlöse und die Mindest-Inhaltsstoffgehalte des Compunds B50 sowie eine weitere Spalte für die Kapazitätsrestriktion. Beide Compounds beanspruchen die Herstellkapazität gleichermaßen, die Kapazitätsgrenze beträgt 1.000 (Wert in Spalte "ub" bei Zeile "Kapazität").

Die zusätzliche Kapazitätsrestriktion wird als folgende Gleichung dargestellt:

1 Kapazitätsbeanspruchung * Menge Compound A100 + 1 Kapazitätsbeanspruchung * Menge Compound B50 – 1 Kapazitätslieferung * Menge Kapazität = 0.

Die Zielfunktionsgleichung ist unverändert. Es ergibt sich der Modellaufbau in Excel aus Abb. 10.

Abb. 10: LP-Modellaufbau bei Ressourcenengpässen

Die Problemstellung ist also nun: Welche Mengen der einzelnen Compounds sollen produziert werden, um zu einem maximalen Ergebnis zu kommen? Der Solver ermittelt dazu folgendes optimales Ergebnis (vgl. Abb. 11).

Das Ergebnis zeigt u. a., dass nur der Compound A100 mit seiner Höchstmenge von 1.000 realisiert wird, die Herstellkapazität wird bis zur Obergrenze ausgenutzt. Das Gesamtergebnis (= maximal möglicher Zielfunktionswert bestehend aus Erlösen minus Kosten) beträgt wie bereits oben 2.143.059.

Abb. 11: LP-Ergebnis bei einem Ressourcenengpass

Der Sensitivitätsbericht (Abb. 12) zeigt, dass der Compound B50 letztlich einen um rund 50,10 zu geringen Erlös hat, um im optimalen Ergebnis berücksichtigt zu werden. Der Sensitivitätsbericht zeigt auch, dass pro zusätzlicher Einheit Kapazität das Ergebnis sich um 2.143 verbessern würde. Das bedeutet, dass die Kapazität sehr einschränkend auf das Ergebnis ist. Dadurch wird ein Anhaltspunkt für den Nutzen von Kapazitätserweiterungen gegeben.

Abb. 12: Sensitivitätsbericht bei einem Ressourcenengpass

Was ergibt sich, wenn zusätzlich zum Kapazitätsengpass ein partieller Materialengpass besteht, beispielsweise die verfügbare Pflanzenfettmenge für die Planungsperiode auf 200 beschränkt ist?

Man würde davon ausgehen, dass einfach nur weniger Compound A100 produziert wird, da ja die Produktion von Compound A100 wirtschaftlicher ist als die von Compound B50. Im LP-Ergebnis ergibt sich jedoch eine andere Empfehlung (vgl. Abb. 13).

Abb. 13: LP-Ergebnis bei zwei Ressourcenengpässen

Es ist nun nicht mehr der Compound A100 in der optimalen Lösung, sondern es wird der Compound B50 mit einer Menge von 957,35 realisiert. Die Mengenhöchstgrenze von 1.000 wird dabei nicht erreicht, ebenso nicht die Kapazitätsgrenze von 1.000. Das Pflanzenfett wird bis zur Höchstmenge von 200 verbraucht. Butter wird mit einer Menge von 38,49 realisiert, das Gesamtergebnis beträgt 1.937.773.

Was ist der Grund dafür, dass jetzt Compound B50 dem Compound A100 vorgezogen wird? Der Compound B50 benötigt im Vergleich zum Compound A100 nur 18 Einheiten des Ausgangstoffes Fett. Das günstige Pflanzenfett ist auf 200 begrenzt. Der Compound B50 verwertet die knappen und billigen Pflanzenfettressourcen am besten und wird deshalb realisiert. Das kann auch durch eine Alternativrechnung überprüft werden, indem man im Modell die Alternative Compound B50 durch eine Obergrenze von 0 "ausschaltet". Es ergibt sich dann eine Lösung mit Compound A100, aber mit einem um rund 350.000 schlechteren Ergebnis.

Der Sensitivitätsbericht (Abb. 14) zeigt, dass durch die knappe Ressource Pflanzenfett der Compound A100 bei gleichem Erlös wie vorher um rund 464 pro Einheit zu niedrig liegt, um in der optimalen Lösung umgesetzt zu werden. Die Dualwerte für Pflanzenfett und Butter nehmen sehr hohe Werte ein.

Zu diesen optimalen Ergebnissen gelangt der Planer ohne das Verfahren der Linearen Optimierung kaum oder gar nicht. Das Beispiel zeigt auch, dass bei Vorliegen von Ressourcenengpässen die Erlös- und Kosteninformationen alleine nicht ausreichend sind, um zu einem optimalen betriebswirtschaftlichen Ergebnis zu kommen, sondern dass dabei vor allem auch die optimale Nutzung der Engpassfaktoren entscheidend ist. Das bezieht sich nicht nur auf das vorliegende Mischungsbeispiel, sondern gilt allgemein. Somit ergeben sich weitere Anwendungsmöglichkeiten des Verfahrens der Linearen Optimierung und auch der Bedarf für Controller, sich mit dem Verfahren auseinanderzusetzen.

Abb. 14: Sensitivitätsbericht bei zwei Ressourcenengpässen

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