Leitsatz

Der eine gesamte Einkunftsart umfassende und nicht oder nicht ausreichend begründete Vorläufigkeitsvermerk ist hinsichtlich seines Umfangs nicht inhaltlich unbestimmt und damit nicht unwirksam.

 

Sachverhalt

Die Antragsteller erwarben im Jahr 2004 ein Einfamilienhaus, das sie umfangreich sanierten. In der Einkommensteuererklärung für 2005 machten sie diesbezüglich erhebliche Werbungskostenüberschüsse geltend; zudem erklärten sie für ein weiteres Objekt positive Vermietungseinkünfte. Das Finanzamt führte die Veranlagung im Wesentlichen erklärungsgemäß durch und erließ einen nach § 165 AO vorläufigen Bescheid. Unter den Erläuterungen heißt es, "dass die Festsetzung der Einkommensteuer hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorläufig erfolgt, weil zurzeit die Überschusserzielungsabsicht nicht abschließend geprüft werden kann". Im September 2007 änderte das Finanzamt den Bescheid nach § 165 AO und behandelte die Sanierungskosten als anschaffungsnahe Aufwendungen. Im Einspruchsverfahren beantragten die Kläger die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Bescheids, die das Finanzamt ablehnte.

 

Entscheidung

Das FG hat im gerichtlichen AdV-Verfahren ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids verneint. Die Änderung des Bescheids war danach materiellrechtlich zutreffend und verfahrensrechtlich zulässig. Er war hinsichtlich der Vermietungseinkünfte mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen, der die Änderung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO erlaubte, "soweit" die Steuer vorläufig festgesetzt war. Folglich war jede Änderung des Bescheids hinsichtlich dieser Einkünfte zulässig. Diese und keine andere Änderung hat das Finanzamt vorgenommen.

Die Frage, ob der sich auf die gesamte Einkunftsart "Vermietung und Verpachtung" beziehende Vorläufigkeitsvermerk rechtmäßig war, brauchte nicht entschieden zu werden, da der Vorläufigkeitsvermerk bestandskräftig geworden ist. Die Änderungsbefugnis hängt nämlich nicht von der Rechtmäßigkeit, sondern nur von der Wirksamkeit des Vorläufigkeitsvermerks ab.

 

Hinweis

Ein Vorläufigkeitsvermerk ist unwirksam, wenn dessen Reichweite nicht aus dem Bescheid entnommen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn Gegenstand des Bescheids nur eine Einkunftsart ist, weil aus dem Vermerk nicht geschlossen werden kann, auf welches der 3 Sachverhaltselemente einer Gewinnermittlung (Betriebseinnahmen, Betriebsbausgaben, Gewinnererzielungsabsicht) sich die Vorläufigkeit bezieht (BFH, Urteil v. 12.7.2007, X R 22/05, BFH/NV 2007 S. 2377). Es wäre daher nicht folgerichtig, wenn ein Vorläufigkeitsvermerk, der sich formal lediglich auf die Einkunftserzielungsabsicht bezieht, es im Ergebnis doch wieder erlaubte, jedwede Änderungen hinsichtlich der Betriebseinnahmen und -ausgaben vorzunehmen, denn praktisch käme ein derartiger Vorläufigkeitsvermerk einem umfassenden Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Einkunftsart gleich. Es bleibt zu hoffen, dass der BFH in dem anhängigen Beschwerdeverfahren IX B 176/08 für Klarheit sorgen wird.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.09.2008, 1 V 1704/07

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