Leitsatz

Ist bei einer Zustellung durch die Post die Zustellung in der Wohnung oder in den Geschäftsräumen nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt versandte den Haftungsbescheid vom 9.1.2008 per Postzustellungsurkunde (PZU), die am 14.1.2008 mit dem Vermerk zurückgelangte, dass der Postbedienstete versucht habe, das Schriftstück zu übergeben. Weil die Übergabe in der Wohnung nicht möglich gewesen sei, habe er das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt.

Am 17.7.2010 legte der Kläger gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein. Er führt aus, der Bescheid sei ihm nie zugestellt worden. Er sei lediglich vom Finanzamt C hierauf hingewiesen worden. Eine Zustellung an seiner Adresse sei auch nicht möglich gewesen, da das Haus über 4 Briefkästen mit identischer Namensbezeichnung verfüge. Deshalb sei ein seiner Wohnung zuzuordnender Briefkasten gar nicht vorhanden gewesen. Das Finanzamt ging hingegen von einer wirksamen Ersatzzustellung aus und verwarf den Einspruch als unzulässig.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass der Haftungsbescheid wirksam mit PZU zugestellt und bestandskräftig geworden ist. Mit der Einlegung in den Briefkasten galt der Bescheid nach § 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO als zuggestellt.

Nach § 418 Abs. 1 ZPO erbringen öffentliche Urkunden den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. Der "Beweis der Unrichtigkeit" erfordert den Beweis eines anderen als des beurkundeten Geschehensablaufs, der damit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der PZU belegt. Gefordert wird der volle Gegenbeweis, d. h. der Beweis der Unrichtigkeit der PZU in der Weise, dass ihre Beweiswirkung vollständig entkräftet wird.

Die Postbedienstete hat in der PZU bezeugt, dass sie den Bescheid in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt hat. Der Kläger hat bezüglich dieser in der PZU bezeugten Tatsachen den Beweis der Unrichtigkeit nicht erbracht. Er hat keine Umstände vorgetragen, welche die Beweiswirkung der PZU vollständig entkräften und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr bezeugten Tatsachen ausschließen würden.

 

Hinweis

Abgesehen davon, dass der Kläger in Bezug auf die Beschriftung der Briefkästen im Einspruchs- und Klageverfahren widersprüchliche Angaben gemacht hat, sah das Gericht keine Veranlassung, die näheren Umstände der Ersatzzustellung festzustellen. Von den 4 im Hausflur vorhandenen Briefkästen war einer unstreitig dem Kläger zuzurechnen. Auf welche Weise die Postbedienstete die Zuordnung vornahm, z. B. mithilfe der Beschriftung der Briefkästen, durch Befragung von Hausbewohnern oder aufgrund der Erfahrungen aus früheren Zustellungen, war für das FG unerheblich. Allein die Möglichkeit, dass die in der PZU dokumentierten Tatsachen zutreffen, genügte dem FG, um von der Richtigkeit dieser Tatsachen auszugehen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 12.03.2013, 13 K 4019/10 U

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