5.4.1 Grundlagen

 

Rz. 163

Aktiengesellschaften treten unter Einschaltung einer Bank oder eines Bankenkonsortiums an den Kapitalmarkt heran, um gegen Ausstellung von Schuldverschreibungen Geld aufzunehmen. Diese Darlehensgewährungen einer großen Masse von Gläubigern an einen Schuldner, die Aktiengesellschaft, sind sog. Teilschuldverschreibungen. Sie sind in der Regel Inhaberpapiere. Die Forderungen aus dem Papier werden also durch Übergabe des Papiers übertragen.[1] Die Anleihen haben einen festen Zinssatz und sind zu einem bestimmten Termin zahlbar.

 

Rz. 164

Eine Sonderart der Teilschuldverschreibungen sind die Optionsanleihen. Auch hier werden gegen Ausstellung von Schuldverschreibungen Anleihen gegen Verzinsung auf dem Kapitalmarkt aufgenommen, die nach einer bestimmten Frist zurückzuzahlen sind. Daneben gewährt die Aktiengesellschaft das Recht, von ihr oder von einer ihr nahe stehenden Gesellschaft (Mutter- oder Tochtergesellschaft) zu emittierende Aktien von einem bestimmten Zeitpunkt an in einem vorher festgelegten Verhältnis zu einem bestimmten Preis zu beziehen. Dieses Recht auf Bezug der Aktien, das Optionsrecht, besteht losgelöst von der Anleihe. Die Anleihe erlischt also nicht mit Ausübung der Option, sondern besteht bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rückzahlung der Anleihe fällig ist, fort. Die Anleihe und das Optionsrecht können jedes für sich selbstständig veräußert werden. Der Ersterwerber kann aber nur beide gemeinsam erwerben.

 

Rz. 165

Die Forderung aus der Schuldverschreibung, der Anleihe und das Optionsrecht sind 2zwei Wirtschaftsgüter. Hierüber werden 2 verschiedene Wertpapiere ausgestellt: die Schuldverschreibung und der Optionsschein. Sie werden zwar vom Ersterwerber gemeinsam erworben. Das macht sie aber nicht zu einem einheitlichen Wirtschaftsgut. Das Inhaberpapier über die Schuldverschreibung kann selbstständig übertragen werden, ebenso das im Optionsschein verbriefte Optionsrecht. Das Optionsrecht wird gesondert an der Börse notiert.

[1] S. Rz. 4.

5.4.2 Entgelt für das Optionsrecht

5.4.2.1 Einheitlicher Preis für Option und Anleihe

 

Rz. 166

Bei der Ausgabe der Optionsanleihe werden die Schuldverschreibung und das Optionsrecht zu einem einheitlichen Preis ausgegeben. Dieser ist daher zum Teil Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts Schuldverschreibung und zum Teil Anschaffungskosten des Wirtschaftsguts Optionsrecht, ist daher auf die beiden Wirtschaftsgüter Schuldverschreibung und Optionsrecht aufzuteilen.

 

Rz. 167

Die Schuldverschreibung verkörpert ein Darlehen. Es wird der Schuldnerin Kapital gegen Zinsen zur Verfügung gestellt. Das Optionsrecht gewährt das Recht, nach Ablauf einer bestimmten Frist Aktien zu einem festgelegten Preis zu erwerben.

5.4.2.2 Offenes Aufgeld

 

Rz. 168

Wird die Anleihe marktüblich verzinst, wird für das dem Zeichner gewährte Bezugsrecht ein über den Rückzahlungsbetrag hinausgehendes Aufgeld erhoben.

 
Praxis-Beispiel

Eine Optionsanleihe wird zu einem Preis von 115 EUR ausgegeben. Die Anleihe soll zum Nennwert von 100 EUR zurückgezahlt werden. Bezogen auf den Nennwert von 100 EUR ist die Verzinsung der Anleihe marktüblich. Der Mehrbetrag von 15 EUR ist daher das Entgelt für das Optionsrecht.

In dem Beispiel wird die Optionsanleihe mit einem Aufgeld auf den Nennwert ausgegeben. Man spricht daher von einer "Überpari-Emission". Das Aufgeld wird offen ausgewiesen. Es handelt sich um ein sog. offenes Aufgeld.

 

Rz. 169

Die Verzinsung eines Darlehens und damit auch einer Schuldverschreibung ist das Entgelt für die Nutzungsüberlassung des Darlehensbetrags. Die Verzinsung einer Optionsanleihe bezieht sich auf ihren Nennbetrag. Bei der Überpari-Emission entspricht der Rückzahlungsbetrag der Schuldverschreibung ihrem Nennbetrag. Ist die Verzinsung einer Überpari-Emission bezogen auf den Nennbetrag marktgerecht, so ist sie auch marktgerecht bezogen auf den Rückzahlungsbetrag. Die Schuldverschreibung wird also marktgerecht verzinst.

 

Rz. 170

Die emittierende Aktiengesellschaft hat die Schuldverschreibung mit dem Erfüllungsbetrag zu passivieren (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Den Betrag, den sie für Optionsrechte zum Erwerb von Aktien erzielt, hat sie der Kapitalrücklage zuzuführen (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB).

 

Rz. 171

Der bei der Ausgabe der Optionsanleihe erhaltene Mehrbetrag, das sog. Agio, ist nicht durch laufende Geschäfte des Unternehmens erzielt worden und gehört daher nicht zum Geschäftserfolg des Geschäftsjahrs. Er darf nicht ausgeschüttet werden. Das wird durch die Einstellung in die Kapitalrücklage verhindert.

 

Im vorstehenden Beispiel wird bei der Ausgabe der Optionsanleihe bei der Emittentin gebucht:

Bank

115 EUR

an Schuldverschreibung

100 EUR

an Kapitalrücklage

15 EUR

Aus Sicht der Aktiengesellschaft sind 100 EUR zurückzuzahlen, beträgt also die Anleihe 100 EUR. Das kommt besser zum Ausdruck, wenn die vorstehende Buchung aufgeteilt wird:

Bank

100 EUR

an Anleihe

100 EUR

Bank

15 EUR

an Kapitalrücklage

15 EUR

Der Mehrbetrag der 2. Buchung in Höhe von 15 EUR ist das Entgelt für die Option.

 

Rz. 172

Wenn später das Optionsrecht ausgeübt wird, hat das keinen Einfluss auf die Kapitalrücklage. Auch wenn das Optionsrecht nic...

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