4.1 Anschaffungskosten

4.1.1 Bestandteile der Anschaffungskosten

 

Rz. 74

Wertpapiere sind handelsrechtlich Vermögensgegenstände und steuerrechtlich Wirtschaftsgüter. Bei ihrer Bewertung ist daher von den Anschaffungskosten auszugehen (§ 253 Abs. 1 Satz 1, HGB; § 255 Abs. 1 HGB§ 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG).

 

Rz. 75

Anschaffungskosten sind der Kaufpreis zuzüglich der Nebenkosten der Anschaffung. Zu den Nebenkosten gehören z. B. Notargebühren, Bankprovisionen, Courtage, Maklergebühr und fremde Spesen.[1] Nicht zu den Anschaffungskosten rechnen Aufwendungen, die der Vorbereitung oder der Entscheidung über den Erwerb dienten (z. B. Kosten eines Bewertungsgutachtens). Miterworbene Gewinnansprüche sind abzuziehen, wenn diese abgesondert werden können.[2]

 

Rz. 76

Hauptbestandteil der Anschaffungskosten ist der Kaufpreis oder Rechnungsbetrag. Er ergibt sich im Allgemeinen aus der Eingangsrechnung, bei Wertpapieren in der Regel aus der Bankabrechnung.[3]

 

Rz. 77

Die Anschaffungskosten sind auch dann anzusetzen, wenn sie überhöht waren oder unter dem Börsenwert lagen. Bei Fremdwährung sind sie in Euro umzurechnen.[4]

 

Rz. 78

Gegen Sacheinlagen erworbene Anteile können handelsrechtlich mit dem Buchwert des hingegebenen Vermögensgegenstands, mit dessen Verkehrswert oder mit dem dazwischen liegenden vertraglichen Einbringungswert angesetzt werden.

 

Rz. 79

Steuerrechtlich ist bei Erwerb gegen Sacheinlagen der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts anzusetzen (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG).

[1] Schubert/Gadek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 71.
[2] Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2000, § 253 HGB Rz. 43.
[3] Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2000, § 255 HGB Rz. 19.
[4] Scheffler, in Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, B 216, Rz. 28, Stand: 5/2013.

4.1.2 Einzelbewertung

 

Rz. 80

Grundsätzlich gilt für die Bewertung der Wertpapiere der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Wertpapiere sind hiernach jeweils mit ihren entsprechenden Anschaffungskosten anzusetzen, wenn die Anschaffungskosten eines jeden einzelnen Wertpapiers feststellbar sind. Dies dürfte dann möglich sein, wenn der Unternehmer die Papiere selbst verwahrt oder bei einem Kreditinstitut in Einzelverwahrung, sog. Streifbandverwahrung, gegeben hat.[1]

[1] Schubert/Gadek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 302.

4.1.3 Durchschnittsbewertung

 

Rz. 81

Liegen die Wertpapiere in einem Sammeldepot, sind sie nach der Rechtsprechung mit dem durchschnittlichen Anschaffungspreis sämtlicher Papiere derselben Art zu bewerten. Der Hinterleger verliert das Eigentum an den von ihm eingelieferten Stücken und erwirbt dafür Miteigentum an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art. Bei Veräußerungen aus einem Wertpapier-Sammeldepot kann die tatsächliche Identität der Veräußerungsobjekte mit bestimmten angeschafften und in Sammelverwahrung gegebenen Wertpapieren nicht ermittelt werden. Daher könnten sie nur mit dem durchschnittlichen Anschaffungspreis aller Wertpapiere der betreffenden Gattung bewertet werden.[1]

Das bedeutet, der Unternehmer kann im Girosammeldepot befindliche Wertpapiere, die zu unterschiedlichen Terminen und Kursen erworben wurden, nicht mit von diesen Kursen abgeleiteten Werten ansetzen.

 

Rz. 82

Die Durchschnittsbewertung wird handelsrechtlich auch als zulässig angesehen, wenn sich die Wertpapiere in Eigenverwahrung oder im Streifbanddepot befinden.[2]

[2] Schubert/Gadek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 303.

4.1.4 Ermittlung nach Bewertungsvereinfachungsverfahren

4.1.4.1 Festbewertung

 

Rz. 83

Dem Gesetzeswortlaut nach ist die Festbewertung nur auf Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens und Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe des Vorratsvermögens anwendbar, die für den Gesamtwert des Unternehmens von nachrangiger Bedeutung sind (§ 240 Abs. 3 HGB i. V. m. § 256 Satz 2 HGB). Soweit Wertpapiere zum Anlagevermögen gehören, kann hierfür kein Festwert angesetzt werden, da es sich um Finanzanlagen handelt. Zum Umlaufvermögen gehörende Wertpapiere können nicht mit einem Festwert bewertet werden, weil es sich nicht um Vorräte handelt. Die Festbewertung scheidet damit für Wertpapiere aus.

4.1.4.2 Gruppenbewertung

 

Rz. 84

Die Gruppenbewertung kommt für gleichartige oder annähernd gleichwertige Wertpapiere infrage. Sie werden mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt (§ 240 Abs. 4 HGB i. V. m. § 256 Satz 2 HGB).[1]

[1] Schubert/Gadek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 304.

4.1.4.3 Verbrauchsfolgeverfahren

 

Rz. 85

Die Bewertung nach Verbrauchsfolgeverfahren kommt dem Gesetzeswortlaut nach nur für gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens in Betracht (§ 256 Satz 1 HGB). Danach kommt für Wertpapiere die Bewertung nach den Verbrauchsfolgeverfahren, insbesondere nach dem Lifo- und dem Fifo-Verfahren, nicht zur Anwendung.

 

Rz. 86

§ 256 HGB beruht auf Art. 40 Abs. 1 der 4. EG-Richtlinie. Hiernach sind die Mitgliedstaaten berechtigt, die Verbrauchsfolgeverfahren für die Bewertung aller beweglichen Vermögensgegenstände eins...

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