Kritik an traditionellen Steuerungsgrößen

Zu den wichtigsten Ursachen für die Entwicklung der wertorientierten Steuerungskennzahlen zählt die Kritik an den in der Vergangenheit und auch gegenwärtig genutzten und mit unterschiedlichen Mängeln behafteten Steuerungsgrößen, insbesondere den Rentabilitätskennziffern. Aus der Vielzahl an existierenden Kennzahlen und Messgrößen werden im Folgenden der Gewinn, der Return on Investment (ROI) und der Return on Equity (RoE) näher erläutert.

2.1 Gewinn

Informationsverzerrung durch Rechnungslegungsvorschriften

Der Gewinn als Maßstab für die Unternehmenssteuerung und die Performance-Messung kann aus mehreren Gründen abgelehnt werden. So kann durch die Wahl des Bewertungsverfahrens aufgrund unterschiedlicher Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften die Höhe des Gewinns bei unverändertem Cashflow beeinflusst werden. Dies führt jedoch dann nicht zu Problemen, solange ein Vergleich zwischen Geschäftseinheiten innerhalb eines Unternehmens durchgeführt wird, die einheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsregeln anwenden. Ein Vergleich zwischen Unternehmen oder eigenständig bilanzierenden Tochterunternehmen kann allerdings mit einer verzerrten Darstellung der Ertragslage einhergehen,[1] die nur durch die Vornahme von Bereinigungen vermieden werden kann.

Eine ausschließliche Ausrichtung der Unternehmenssteuerung auf eine Gewinnsteigerung geht darüber hinaus noch mit weiteren Schwierigkeiten einher. Insbesondere die Vernachlässigung der Renditeerwartung der Eigentümer, verbunden mit der möglichen Konsequenz, dass eine Investition zwar zu einer Gewinnsteigerung führen kann, diese jedoch eine Rendite unterhalb der Kapitalkosten aufweist, führt zu einer Wertvernichtung aus der Sicht des Eigentümers.[2] Risiken, die im Zusammenhang mit bestimmten wertorientierten Steuerungsgrößen im Kalkulationszinssatz berücksichtigt werden, finden bei einer am Gewinn orientierten Steuerung häufig keine Beachtung.

[1] Vgl. Günther, 1997, S. 55.
[2] Vgl. Rappaport, 1999, S. 21.

2.2 Return on Investment (ROI)

Gefahr eines überhöhten ROI

Der Return on Investment (ROI) errechnet sich als Quotient aus dem Periodenergebnis vor Zinsen und dem durchschnittlich investierten Kapital der Periode. Wesentliche Kritikpunkte am Return on Investment setzen insbesondere am Nenner der Formel an. Zum einen besteht das Risiko, dass Geschäftseinheiten mit einem großen Teil abgeschriebener Aktiva, die eine Cash-out-Strategie verfolgen, den Geschäftseinheiten vorgezogen werden, die den Cashflow für Investitionen verwenden. Ursache hierfür ist der im ersten Fall vergleichsweise niedrigere Nenner, der zu einem höheren ROI führt. Zum anderen führt die Nichtaktivierung von Investitionen, die sich aus bestimmten Bilanzierungsverboten ergeben kann zu einem überhöhten ROI. Beispielsweise lässt sich hier das Aktivierungsverbot für Forschungsaufwendungen anführen.[1]

[1] Vgl. Gräfer/Ostmeier, 2000, S. 933.

2.3 Return on Equity (ROE)

Finanzierungsstrukturbedingte Verzerrungen

Die Eigenkapitalrentabilität (RoE) ergibt sich als Quotient aus dem Periodenergebnis und dem durchschnittlichen Eigenkapital der Periode. Ein Vergleich zwischen Geschäftsbereichen mit unterschiedlich hohen Fremdkapitalanteilen auf der Basis der Eigenkapitalrentabilität kann nur eingeschränkt vorgenommen werden. Ursache dafür ist der sog. Leverage-Effekt, welcher die Abhängigkeit der Höhe der Eigenkapitalrentabilität von der Finanzierungsstruktur beschreibt. Übersteigt die Gesamtkapitalrentabiliät den Fremdkapitalzins, steigt die Eigenkapitalrentabilität mit höherem Fremdkapitalanteil. Problematisch ist an dieser Stelle das erhöhte Risiko durch die zunehmende Fremdfinanzierung, welche jedoch bei reiner Betrachtung der Eigenkapitalrentabilität nicht erkennbar ist.

Vergangenheitsorientierte Kennzahlen vs. zukunftsorientierte Steuerungsgrößen

Eine Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Strategien bzw. Investitionen setzt die Einbeziehung des zukünftigen Cashflow- Potenzials voraus. Hieraus ergibt sich ein weiterer Kritikpunkt für die meisten traditionellen Steuerungskennzahlen, da diese in der Regel eine Vergangenheitsorientierung aufweisen und dadurch ökonomische Wirkungen nach dem Betrachtungszeitraum außer Acht lassen. Es sollte jedoch unterschieden werden, ob die Kennzahl für Planungs- oder Kontrollzwecke herangezogen werden soll. Für Kontrollzwecke ist die Anwendung vergangenheitsorientierter Kennzahlen sinnvoll. Dagegen sollten für die Planung von Strategien und Investitionen zukunftsorientierte Steuerungsgrößen Anwendung finden.[1]

[1] Vgl. Günther, 1997, S. 58 f.

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