Leitsatz

Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast dafür, dass sich sein Lebensmittelpunkt in der vom Beschäftigungsort weiter entfernt liegenden Wohnung befindet. Kann er nicht belegen, dass er dort seine überwiegenden Freizeitaktivitäten durchführt oder seine Anwesenheiten zur Kontaktpflege mit seinem sich angeblich ausschließlich dort befindlichen Freundes- und Bekanntenkreis nutzt, kann er die Fahrtkosten von der weiter entfernt liegenden Wohnung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machen.

 

Sachverhalt

Eine Arbeitnehmerin machte Fahrten mit dem Fahrrad zwischen ihrer Wohnung in M und ihrer Arbeitsstätte in M an 230 Tagen mit einer einfachen Entfernung von 6 km als Werbungskosten geltend. Im Einkommensteuerbescheid 2001 folgte das Finanzamt im Wesentlichen den Angaben in der Einkommensteuererklärung. Dagegen erhob die Arbeitnehmerin Einspruch, mit dem sie erstmals den Abzug von insgesamt 30 Fahrten zwischen ihrer Arbeitsstätte in M und dem weiter entfernt liegenden Wohnort in W als Werbungskosten beantragte. Sie führte aus, dass sie die Wohnung in M erst am 1.10.2000 angemietet habe. In W unterhalte sie jedoch schon seit Längerem eine Wohnung im Haus ihrer Eltern, die ihr - ohne Mietvertrag - unentgeltlich überlassen werde. W sei der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen. Dort befinde sich ihr gesamter Freundes- und Bekanntenkreis und der Wohnort ihrer Eltern. Einen eigenen Festnetzanschluss habe sie in W nicht. Wenn sie in dieser Zeit Ferngespräche führe, nutze sie den Anschluss ihrer Eltern oder das Mobiltelefon. Die Fahrten nach W seien teilweise mit dem Pkw und teilweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt worden. Da ihr die steuerliche Relevanz nicht bekannt gewesen sei, habe sie Belege wie Fahrscheine nicht aufbewahrt. Das Finanzamt erkannte die nachträglich geltend gemachten Fahrtkosten nach W nicht als Werbungskosten an.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts lagen im Streitfall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Lebensmittelpunkt der Arbeitnehmerin im Streitjahr nicht in M, sondern im Haus ihrer Eltern in W befand. Im Übrigen habe sie nicht belegt, dass sie die behaupteten 30 Fahrten von M nach W tatsächlich durchgeführt hat.

 

Hinweis

Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, können Wege von und zu der von der Arbeitsstätte weiter entfernt liegenden Wohnung nur dann bei der Berechnung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte berücksichtigt werden, wenn sich dort der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befindet und sie nicht nur gelegentlich aufgesucht wird. Ob die außerhalb des Beschäftigungsorts belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Für das Vorliegen dieser Voraussetzung trägt der Arbeitnehmer die Feststellungslast. Daran vermag auch die Behauptung, mangels Kenntnis der steuerlichen Relevanz die Belege nicht aufbewahrt zu haben, nichts zu ändern.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 24.10.2007, 9 K 203/06

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