Leitsatz

Darlehen, die einem Getränkegroßhändler von Brauereien zur Weitergabe an Gastwirte gewährt werden, sind Dauerschulden i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG a.F., wenn mit den weitergereichten Darlehen eine Getränkebezugsverpflichtung verbunden ist.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 GewStG a.F., § 19 GewStDV

 

Sachverhalt

Ein Getränkegroßhändler hatte mit einer Bierbezugsverpflichtung verbundene Darlehen von Brauereien erhalten und diese vereinbarungsgemäß zum gleichen Zins an Gaststätten weitergegeben. Einen über die Verwaltungskosten hinausgehenden Gewinn erzielte der Getränkegroßhändler durch die Darlehensgeschäfte nicht. Die Gaststätten mussten allerdings neben dem Bier auch alle anderen Getränke bei dem Großhändler abnehmen.

Das FA behandelte die vom Großhändler an die Brauereien gezahlten Zinsen als Dauerschuldzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG a.F. Der Großhändler war der Meinung, es handle sich um durchlaufende Kredite, für die keine Hinzurechnung vorzunehmen sei.

Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Berlin, Urteil vom 09.03.2005, 6 K 6351/02, Haufe-Index 1380681, EFG 2005, 1371).

 

Entscheidung

Auch den BFH überzeugten die Argumente des Großhändlers nicht. Aus der Weitergabe der Kredite habe er nämlich durch die weitergehende Getränkebezugsverpflichtung der Gaststätten und günstigere Großhandelsmargen einen eigenen wirtschaftlichen Nutzen ziehen können.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung in Gestalt eines nicht veröffentlichten Urteils des BFH aus dem Jahr 1981 und enthält weder im Ergebnis noch in der Begründung irgendwelche Neuigkeiten.

Der Sache nach geht es um die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG (jetzt Nr. 1 Buchst. a). Dauerschulden sind Darlehen, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen. Im Grundsatz gehört jedes über ein Jahr gewährte Darlehen zu den Dauerschulden. Die Hinzurechnung eines Teils der Darlehenszinsen beim Schuldner führt zu einer gewerbesteuerlichen Mehrfachbelastung der Zinsen, weil der Zinsempfänger den Zinsertrag ebenfalls der GewSt unterwerfen muss.

2. Dies empfinden Getränkegroßhändler als ungerecht. Sie erhalten mit einer Bierbezugsverpflichtung verbundene Darlehen von Brauereien zur Weitergabe an Gastwirte, um die Gastwirte an die Brauerei zu binden. Wenn sie vom Gastwirt denselben Zinssatz erhalten, den sie selbst an die Brauerei zu zahlen haben, sehen sie sich in einer bankähnlichen Stellung. Banken sind aber nach § 19 GewStDV von der Hinzurechnung der Kundenzinsen ausgenommen. Die Rechtsprechung nimmt außerdem auch sog. durchlaufende Kredite von der Hinzurechnung aus.

Der Getränkegroßhändler ist aber einerseits keine Bank, weil sein Geschäft nicht hauptsächlich aus der Kreditgewährung besteht. Andererseits sind die Kredite auch nicht durchlaufende Kredite i.S.d. Rechtsprechung, weil der Getränkegroßhändler zwar keinen Nutzen aus der Verzinsung, aber dafür aus der Großhandelsmarge für das später abgenommene Bier und zusätzlich oft auch durch die Auferlegung weiterer Getränkebezugsverpflichtungen zieht. Deshalb lehnt es der BFH weiterhin ab, die Sonderregelungen für Banken oder die Rechtsprechung zu durchlaufenden Krediten auf Getränkegroßhändler anzuwenden.

Der damit entstehenden Mehrfachbelastung mit GewSt könnte die Branche ausweichen, wenn der Kredit unmittelbar zwischen Brauerei und Gaststätte abgeschlossen würde. Dabei wäre allerdings ggf. nationales oder europarechtliches Wettbewerbsrecht zu beachten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.05.2008, IV R 77/05

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