Der Unternehmer kann auch die entstandene Einfuhrumsatzsteuer[1] für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG eingeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.[2] Die Einfuhrumsatzsteuer musste in der Vergangenheit auch tatsächlich entrichtet worden sein. Der EuGH hat jedoch entschieden, dass das Recht auf Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nicht davon abhängig gemacht werden kann, dass die MwSt zuvor tatsächlich gezahlt worden ist.[3] Diese Änderung ist auch in das UStG übernommen worden.[4]

Eine Einfuhr für das Unternehmen ist gegeben, wenn der Unternehmer den eingeführten Gegenstand in seinen im Inland belegenen Unternehmensbereich eingliedert, um ihn hier im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zur Ausführung von Umsätzen einzusetzen. Diese Voraussetzung ist bei dem Unternehmer gegeben, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt.[5] Nicht entscheidend ist, wer Schuldner der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer war, wer diese entrichtet hat und wer den für den vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer eingeführten Gegenstand tatsächlich über die Grenze gebracht hat.

Überlässt ein ausländischer Unternehmer einem inländischen Unternehmer einen Gegenstand zur Nutzung, ohne ihm die Verfügungsmacht an dem Gegenstand zu verschaffen, ist daher der inländische Unternehmer nicht zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt.[6] Vorsteuerabzugsberechtigt ist in einem solchen Fall der ausländische Unternehmer.

Der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer steht auch dann nur dem Lieferer – nicht dem Abnehmer – zu, wenn er den Gegenstand zur eigenen Verfügung in das Inland verbringt und ihn erst hier an seinen Abnehmer liefert. Hingegen kann nur der Abnehmer von der Abzugsberechtigung Gebrauch machen, wenn die Lieferung an ihn im Ausland ausgeführt wird.

 
Praxis-Beispiel

Lieferung "unverzollt und unversteuert"

Der deutsche Einzelhändler E bestellt beim Schweizer Großhändler S Ware für sein Un­ternehmen. Die Lieferkonditionen lauten "unverzollt und unversteuert". Die Waren werden durch einen deutschen Spediteur von der Schweiz zum deutschen E befördert. Die deutsche Einfuhrumsatzsteuer verauslagt der Spediteur und stellt diese E in Rechnung; der Spediteur gibt den Zollbeleg an E weiter.

Es handelt sich um eine Versendungslieferung, die in der Schweiz – nämlich mit Übergabe der Ware an den Spediteur – als ausgeführt gilt. Die Verfügungsmacht liegt deshalb mit Grenzübertritt bereits beim Leistungsempfänger E. Mithin ist die Ware für das Unternehmen des E eingeführt worden. E ist aus diesen Gründen hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer vorsteuerabzugsberechtigt.

Wird ein Gegenstand im Rahmen einer beabsichtigten Lieferung in das Inland eingeführt, von dem vorgesehenen Abnehmer jedoch nicht angenommen, so ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Unternehmer zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, der im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt.[7]

Geht der eingeführte Gegenstand während des Transports an den vorgesehenen Abnehmer im Inland verloren oder wird er vernichtet, bevor eine Lieferung ausgeführt worden ist, kommt der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nur für den Absender in Betracht. Das Gleiche gilt, wenn der Gegenstand aus einem anderen Grund nicht an den vorgesehenen Abnehmer gelangt.[8]

[4] Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz).
[7] Abschn. 15.8 Abs. 11 UStAE; vgl. dort auch die unterschiedlichen Fallgestaltungen.

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