2.1 Handelsbilanz

Die Bewertung der Vorratsgüter folgt den §§ 253 – 256a HGB. Das sich aus diesen Vorschriften ergebende Bewertungsprogramm unterscheidet zwischen Zugangswerten einerseits und (bei der Folgebewertung ggf. anzusetzenden) Korrekturwerten andererseits (vgl. Abb. 1).

Als Zugangswerte fungieren bei von Dritten erworbenen Vermögensgegenständen die Anschaffungskosten, im Fall eines originären Erwerbs die Herstellungskosten. Sie bilden jeweils den Ausgangspunkt und die Obergrenze der Bewertung.[1]

Abb. 1: Handelsrechtliches Bewertungsprogramm für Vorräte

Liegt der Stichtagswert eines Vorratsguts unter seinem Zugangswert, ist nach dem strengen Niederstwertprinzip eine außerplanmäßige Abschreibung auf diesen niedrigeren Korrekturwert geboten. Auf die voraussichtliche Dauer der Wertminderung kommt es handelsrechtlich beim Umlaufvermögen – anders als im Steuerrecht – nicht an. Der maßgebliche Stichtagswert ist nach § 253 Abs. 4 Satz 1 HGB vorrangig aus dem Börsen- oder Marktpreis des Vermögensgegenstands am Abschlussstichtag abzuleiten. Existiert ein solcher Preis nicht, ist auf den (anderweitig zu gewinnenden) Wert abzustellen, der dem Vermögensgegenstand am Abschlussstichtag beizulegen ist.

Fällt der Grund für eine außerplanmäßige Abschreibung zu einem späteren Abschlussstichtag weg, gilt nach § 253 Abs. 5 HGB ein Wertaufholungsgebot: Die Zuschreibung auf den höheren beizulegenden Wert des Vermögensgegenstands ist verpflichtend, beschränkt auf den Zugangswert als Bewertungsobergrenze.

Die einzelnen Stufen des hier nur grob skizzierten Bewertungsprogramms sind in gesonderten Beiträgen näher erläutert.[2] Nachfolgend werden die Unterschiede zur steuerrechtlichen Bewertung aufgezeigt.

2.2 Steuerbilanz

Mit § 6 EStG enthält das Steuerrecht eine eigenständige Vorschrift für die Bewertung von Wirtschaftsgütern. Soweit diese lückenhaft ist, greift der Maßgeblichkeitsgrundsatz gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG. Über ihn sind die handelsrechtlichen GoB auch steuerrechtlich anzuwenden.[1] Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG können sich durch die eigenständigen Bewertungskonzeptionen im Einzelfall Verwerfungen zwischen beiden Rechenwerken ergeben.

Steuerrechtlich eingeschränkte Zulässigkeit von Bewertungsvereinfachungsverfahren

Der wesentliche Unterschied bei der Zugangsbewertung betrifft die eingeschränkte Zulässigkeit von Bewertungsvereinfachungsverfahren. Als steuerrechtliches Verbrauchsfolgeverfahren ist, neben der Durchschnittsmethode, allein das Mengen-Lifo-Verfahren zugelassen.[2] Das Wahlrecht zur Anwendung der FiFo-Methode besteht nach § 256 Satz 1 HGB nur handelsrechtlich.

Handels- und steuerrechtliche Herstellungskostengrenze identisch

Mit dem "Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens" (vom 18.7.2016) hat der Gesetzgeber die steuerrechtlichen Herstellungskosten in § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG gesetzlich neu geregelt. Demnach können die folgenden Aufwendungen in die Herstellungskosten miteinbezogen werden:

  • angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung,
  • angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs,
  • angemessene Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersvorsorge.

Voraussetzung für das Aktivierungswahlrecht ist jedoch, dass die Aufwendungen auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Dieses Wahlrecht muss in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz ausgeübt werden. Durch diese Änderung gibt es zwischen der handels- und steuerrechtlichen Untergrenze der Herstellungskosten keinen Unterschied mehr.

Unter Beachtung der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Wahlrechtsausübung gilt danach auch steuerrechtlich das Einbeziehungswahlrecht für die in § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB genannten Gemeinkosten.

Abwertungswahlrecht bei dauernder Wertminderung

Rechnungslegungsunterschiede bestehen auch im Bereich der Folgebewertung: In der Steuerbilanz sind Niederstwertabschreibungen auf die Fälle einer voraussichtlich dauernden Wertminderung begrenzt. Dieses steuerliche Abwertungswahlrecht[3] kann unabhängig von der handelsrechtlichen Abwertungspflicht ausgeübt werden.[4] Als Korrekturwert fungiert der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG definierte Teilwert. Er unterscheidet sich von seinem handelsrechtlichen Korrelat, dem beizulegenden Wert gem. § 253 Abs. 4 HGB, nur in Grenzfällen.

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