Leitsatz

1. Art. 26 der 6. EG-RL über die Margenbesteuerung bei der Erbringung von Reiseleistungen ist nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers anzuwenden.

2. Demgegenüber setzt § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG voraus, dass die vom Unternehmer erbrachten Reiseleistungen nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers erbracht werden. Für Reiseleistungen an andere Unternehmer (sog. Kettengeschäft) ist § 25 UStG daher nicht anwendbar. Art. 26 der 6. EG-RL kommt in diesem Fall nur zur Anwendung, wenn sich der Steuerpflichtige auf diese Regelung beruft.

3. Dienstleistungen eines Hotelunternehmers, wie z.B. Verpflegungsleistungen, die gewöhnlich mit Reisen verbunden sind, nur einen im Vergleich zu den Umsätzen, die die Unterbringung betreffen, geringen Teil des pauschalen Entgelts ausmachen und zudem zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehören, stellen für die Kundschaft lediglich das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

4. Sie sind deshalb Nebenleistungen zu den von § 4 Nr. 12 UStG umfassten und deshalb gem. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG am Belegenheitsort des Hotels ausgeführten Übernachtungsleistungen.

 

Normenkette

§ 3a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 12, § 25 UStG, Art. 26 der 6. EG-RL, Art. 306 bis 310 Richtlinie 2006/112/EG

 

Sachverhalt

Die Klägerin stellte Leistungspakete zusammen, die sie an Busreiseunternehmer verkaufte, die Pauschalreisen anbieten. Die Leistungspakete um­fassten Übernachtungsleistungen mit Verpflegung (Halb- oder Vollpension) sowie ergänzende Leistungen. Von den im Zusammenhang mit ausländischen Hotels erbrachten Leistungen entfielen 2/3 auf den Hotelbereich und 1/3 auf die ergänzenden Leistungen. Innerhalb des Bereichs Hotel ordnete die Klägerin 87,5 % der Aufwendungen dem Bereich Übernachtungen und 12,5 % der Aufwendungen dem Bereich Verpflegung im Rahmen von Voll- oder Halbpension zu. In ihrer Umsatzsteuererklärung 2006 behandelte die Klägerin die im Rahmen der Leistungspakete im Zusammenhang mit im Ausland gelegenen Hotels erbrachten Verpflegungsleistungen zunächst als steuerbar und steuerpflichtig. Dieser Erklärung stimmte das FA zu. Mit Schreiben vom 6.4.2009 beantragte sie die steuerpflichtigen Umsätze um 52.159,66 EUR zu mindern, da in dieser Höhe Nebenleistungen zu Übernachtungsleistungen vorlägen, die im Inland nicht steuerbar seien. Dies lehnte das Finanzamt ab. Das FG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 26.5.2011, 2 K 416/09, Haufe-Index 2863038) gab der Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Die Verpflegungsleistungen seien im Ausland erbracht worden. Ein inländischer Leistungsort ergebe sich auch nicht über die Margenbesteuerung des nationalen Rechts. Die Anwendung des abweichenden Unionsrechts habe die Klägerin nicht geltend gemacht.

 

Hinweis

1. Nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG werden sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Hierzu gehört auch die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält.

Verpflegungsleistungen können Nebenleistungen zu den am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels ausgeführten Übernachtungsleistungen sein. Der BFH hat hierzu bereits entschieden, dass es sich bei Verpflegungsleistungen um Nebenleistungen zur Hotelunterbringung handelt, wenn Leistungspakete bestehend aus Übernachtungsleistungen mit Halb- oder Vollpension sowie ergänzende Leistungen an Busreiseunternehmer verkauft werden (BFH vom 15.1.2009, V R 9/06, BStBl II 2010, 433). Hieran hält der BFH trotz des hierzu ergangenen Nichtanwendungserlasses des BMF vom 4.5.2010, BStBl I 2010, 490 fest.

Zu beachten ist, dass Restaurationsleistungen ab 2010 gem. § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c UStG als am Ort des Restaurants erbracht gelten.

2. Die Margenbesteuerung führt nach § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG zu einer Leistungserbringung am Unternehmensort. Sie setzt nach dem eindeutigen Wortlaut von § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG voraus, dass der Unternehmer seine Reiseleistungen nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers erbringt. Für Reiseleistungen an Unternehmer im sog. Kettengeschäft ist § 25 UStG daher nicht anwendbar.

Aus Art. 26 der 6. EG (Art. 306 bis 310MwStSystRL) ergibt sich für den Regelfall keine andere Beurteilung. Zwar sieht das Unionsrecht vor, dass die Margenbesteuerung bei der Erbringung von Reiseleistungen unabhängig von der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers anzuwenden ist, wie der EuGH mit Urteil vom 26.9.2013, C-189/11, Kommission/Spanien (UR 2013, 835) entschieden hat. Im Hinblick auf den Wortlaut des nationalen Rechts ist dies aber nur zu berücksichtigen, wenn der Unternehmer einen diesbezüglichen Anwendungsvorrang geltend macht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.3.2014 – V R 25/11

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