Aus den vorerwähnten Vorschriften von §§ 170 bis 173 BGB und dem sich daraus ergebenden Grundsatz des Vertrauensschutzes hat die Rechtsprechung zurückgehend auf das Reichsgericht weitergehende Rechtsscheinsvollmachten entwickelt. Es wird unterschieden zwischen einer Duldungs- und einer Anscheinsvollmacht:

  • Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der (geschäftsfähige) Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Bevollmächtigter auftritt und der Geschäftsgegner diese Duldung nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt sei.[5] Die Duldungsvollmacht unterscheidet sich von der stillschweigend erteilten Vollmacht dadurch, dass der Vertretene bei der Duldungsvollmacht gerade keinen Willen zur Bevollmächtigung hat. Da Voraussetzung lediglich ein bewusstes Dulden durch den Vertretenen ist, kann bereits ein einmaliges Gewährenlassen eine entsprechende Rechtsscheinsvollmacht begründen.[6]
  • Eine Anscheinsvollmacht liegt demgegenüber vor, wenn der Vertretene das Handeln seines angeblichen Vertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines Vertreters.[7] Voraussetzung für das Vorliegen der Anscheinsvollmacht ist der Rechtsschein einer Bevollmächtigung, der durch eine von gewisser Regelmäßigkeit und Häufigkeit bzw. Dauer gekennzeichnetes Verhalten des Vertretenen erzeugt werden muss, und die Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners (§ 173 BGB analog).

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