Leitsatz

Eine Lieferung ist auch dann i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht worden, wenn der Konkursverwalter die Erfüllung eines zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens vom Gemeinschuldner und seinem Vertragspartner noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllten Vertrags ablehnt (§ 17 KO) und der Lieferer infolgedessen die Verfügungsmacht an dem gelieferten Gegenstand zurückerhält.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 3 UStG 1993 , § 17 KO

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte nach dem umsatzsteuerpflichtigen Verkauf an C das von ihr betriebene Hotel sogleich zurückgepachtet (1988). Bei Konkurseröffnung (1994) war das Eigentum an dem Grundstück noch nicht auf C übertragen und C hatte einen Teilbetrag des vereinbarten Kaufpreises noch nicht bezahlt; die monatlichen Pacht-Zahlungen hatte die Klägerin stets geleistet.

Der Konkursverwalter lehnte die Erfüllung des Kaufvertrags ab. Die Klägerin verrechnete Schadenersatzansprüche gegenüber C mit den bisher geleisteten Kaufpreiszahlungen. Das FA verneinte eine Rückabwicklung und ließ lediglich wegen teilweiser Uneinbringlichkeit eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 UStG zu.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin mit den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Argumenten Recht.

 

Hinweis

Ist eine steuerpflichtige Lieferung rückgängig gemacht worden, ist der geschuldete Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG).

Lehnt der Konkursverwalter die Erfüllung eines von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllten Vertrags ab, wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsverhältnis in der Weise umgestaltet, dass die Erfüllungsansprüche erlöschen und an die Stelle des gegenseitigen Schuldverhältnisses der einseitige Anspruch des Vertragspartners auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung tritt. Verkauft ein Unternehmer eine Sache, die er vom Erwerber wieder zurückmietet, und fällt der Erwerber vor vollständiger Bezahlung und Eigentumserwerb in Konkurs, ist zivilrechtlich der Vertrag von beiden Seiten noch nicht erfüllt und der Konkursverwalter kann die Erfüllung ablehnen. Umsatzsteuerrechtlich liegt aber bereits eine Lieferung vor, weil dafür genügt, dass der Erwerber mit Beginn der Verpachtung die Verfügungsmacht erlangt hat.

Infolge der Erfüllungsablehnung verliert der Konkursverwalter das Besitzrecht an der Sache. Befand diese sich – wie z.B. bei der geschilderten sale-and-lease-back-Gestaltung – im Zeitpunkt der Konkurseröffnung in mittelbarem Besitz des Gemeinschuldners, erhält der Veräußerer mit der Erfüllungsablehnung wieder die uneingeschränkte Verfügungsmacht über die Sache zurück, mit der Folge, dass damit auch die Lieferung rückgängig gemacht worden ist. Dass bis zur Rückabwicklung ggf. längerer Zeitraum verstreichen kann, in dem der Gemeinschuldner mit der Sache wie ein Eigentümer verfährt – sie z.B. verpachtet, umbaut usw. –, hält der BFH mit Rücksicht auf die zivilrechtliche Rechtslage nicht für entscheidend.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.5.2003, V R 20/02

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge