Einmal geschlossene Verträge sind grundsätzlich einzuhalten (pacta sunt servanda). Nur unter engen Voraussetzungen können sich die Parteien von eingegangenen Verpflichtungen wieder lösen.

3.1 Vertragliche Möglichkeiten zur Beseitigung der Bindung

Die einfachste Möglichkeit ist die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts im Vertrag selbst. Wollen beide die Lösung vom Vertrag, kommt die Schließung eines Aufhebungsvertrags in Betracht.

3.2 Einseitige Beseitigung der Bindung

3.2.1 Beendigung von Verträgen durch Kündigung

Für sogenannte Dauerschuldverhältnisse, z. B. Miet-, Arbeits-, Leasing-, Kreditverträge, aber auch Gesellschaftsverträge, besteht meist ein Kündigungsrecht. Diese Verträge können dann durch eine ordentliche bzw. fristlose Kündigung beendet werden.

3.2.2 Beendigung von Verträgen durch Rücktritt

Ein Rücktrittsrecht kann vertraglich vereinbart werden oder sich aus dem Gesetz ergeben. Bei gegenseitigen Verträgen gilt grundsätzlich § 323 Abs. 1 BGB. Danach kann der Gläubiger einer Leistung von einem Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner die fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und eine vom Gläubiger gesetzte, angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung erfolglos geblieben ist. In bestimmten Fällen, wie etwa der "ernsthaften und endgültigen" Weigerung des Schuldners, die geschuldete Leistung zu erbringen, ist die Fristsetzung entbehrlich (§ 323 Abs. 2 BGB). Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, etwa weil das geschuldete Verhalten in einem Unterlassen besteht, so tritt an ihre Stelle eine Abmahnung.

3.2.3 Beseitigung der Bindungswirkung durch Ausübung eines Widerrufsrechts

Schließen Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen, im elektronischen Geschäftsverkehr (Online-Geschäfte) oder im sog. Fernabsatz Verträge ab, steht ihnen grundsätzlich ein gesetzliches Widerrufsrecht zu (§ 355 BGB). Gleiches gilt bei für Verbraucher besonders folgenreichen Verträgen, so etwa für Darlehens-, Ratenlieferungs- und Bauverträgen (s. hierzu §§ 356a ff. BGB).

Das Widerrufsrecht berechtigt den Verbraucher, seine vertragliche Bindung (durch Angebots- oder Annahmeerklärung) zu widerrufen, also wieder zu beseitigen. Der Widerruf muss fristgerecht erfolgen, d. h. in der Regel grundsätzlich innerhalb von 2 Wochen nach Vertragsschluss. Diese Frist verlängert sich auf 12 Monate und 14 Tage, wenn das Unternehmen den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat. Um sein Widerrufsrecht auszuüben, muss der Verbraucher seinen Widerruf ausdrücklich erklären. Allein die Rücksendung der Ware reicht dafür nicht aus.

 

Verbraucherschutz und Widerrufsbelehrung

Zum Schutz der Verbraucher regelt das Gesetz umfangreiche Informationspflichten sowie besondere Anforderungen an den Inhalt und die Form einer Widerrufsbelehrung, die der Unternehmer einzuhalten hat. Die Widerrufsfrist beginnt immer erst zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher entsprechend Artikel 246a § 1 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unterrichtet hat. Auf der sicheren Seite sind Unternehmen, wenn sie sich bei der Formulierung der Belehrung an das Muster halten, das der Gesetzgeber in den Anlagen 1 ff. in Artikel 253 des Gesetzes bereitgestellt hat.

3.2.4 Anfechtung

Wer anfechtungsberechtigt ist, kann seine Willenserklärung anfechten. Hat eine Anfechtung Erfolg, wird die Willenserklärung so behandelt, als wäre sie nie abgegeben worden. Damit wird dem Vertrag die Grundlage entzogen; er ist von Anfang an nichtig.

Zur Anfechtung berechtigt ist:

  • derjenige, dessen Willenserklärung durch einen Boten (nicht Vertreter) unrichtig übermittelt worden ist (§ 120 BGB) ,[11],
  • wer irrtümlich einen anderen als den gewollten Inhalt erklärt, z. B. durch Vertippen oder Verschreiben,
  • wer sich bei Abgabe seiner Willenserklärung über die sogenannten wertbildenden Faktoren (Eigenschaften einer Person oder Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden) geirrt hat,
  • wer durch arglistige Täuschung oder durch Drohung zur Abgabe eines Angebots oder einer Annahmeerklärung veranlasst worden ist.

In den ersten drei Fällen ist der Irrtum der Sphäre des Erklärenden zuzurechnen. Der Anfechtende muss seinem Vertragspartner, der auf das Zustandekommen des Vertrags vertraut hat, eventuell schon entstandene Kosten ersetzen.

[11] Hierzu gehört auch der Fall, dass bei der telekommunikativen Übermittlung ein Dritter in die Datenströme eingreift (Hacker) oder ein technischer Defekt eintritt und die Willenserklärung auf dem Transport verändert worden ist.

3.2.5 Wegfall der Geschäftsgrundlage

Das Rechtsinstitut "Wegfall der Geschäftsgrundlage" ist in § 313 BGB geregelt und betrifft die Fälle, bei denen sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind und nicht in der Risikosphäre einer Partei liegen, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben. Hinzukommen muss, dass die Parteien – hätten sie diese Veränderungen vorausgesehen – den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Weitere Voraussetzung: Ein Festhalten am unveränderten Vertrag darf darüber hinaus der Partei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, nicht zumutbar sein.

 

Wegfall oder Störung der Geschäftsgrundlage?

Nur in ganz besonderen, eng begrenzten A...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge