FinMin Nordrhein-Westfalen, 25.8.2011, S 0323

Bei der Festsetzung von Verspätungszuschlägen im Veranlagungsverfahren sind folgende Grundsätze zu beachten:

 

1. Allgemeines

 

1.1 Zweck des Verspätungszuschlags

Kommen Steuerpflichtige ihrer Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nach, so kann ihnen das FA einen Verspätungszuschlag auferlegen, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags soll dazu dienen, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen, die rechtzeitige Festsetzung und Zahlung der Steuern und den Gang der Veranlagung insgesamt zu sichern. Er soll als Druckmittel für künftige fristgerechte Erfüllung der Erklärungspflichten, nicht als Strafe für vergangenes Fehlverhalten gehandhabt werden.

 

1.2 Verspätete Abgabe

Eine verspätete Abgabe der Steuererklärung liegt vor, wenn diese nicht innerhalb der gesetzlichen oder der vom FA eingeräumten Frist abgegeben wird. Bei Fristüberschreitungen von bis zu 2 Wochen im Veranlagungsverfahren ist regelmäßig kein Verspätungszuschlag festzusetzen. Das gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige die „Nachfrist” überschreitet, die ihm das FA bei der Erinnerung an die Abgabe der Erklärung oder bei Ablehnung eines Antrags auf Fristverlängerung nach den Umständen des Einzelfalls eingeräumt hat.

 

1.3 Rückwirkende Fristverlängerung

Trotz Fristüberschreitung bleibt stets zu prüfen, ob eine rückwirkende Fristverlängerung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 AO in Betracht kommt. Das Ende der Erklärungsfrist muss für den Steuerpflichtigen eindeutig erkennbar sein. Soll einem Fristverlängerungsantrag nicht entsprochen werden, so ist hierüber klar und bestimmt zu entscheiden (§ 119 AO).

 

1.4 Entschuldbarkeit der Fristversäumnis

Die Versäumnis ist regelmäßig dann nicht entschuldbar, wenn Steuererklärungen wiederholt nicht oder nicht fristgerecht abgegeben wurden oder eine von der Finanzbehörde bewilligte Fristverlängerung nicht eingehalten wurde. Wer bewusst, wenn auch infolge eines Irrtums über die materielle Rechtslage, die Frist zur Abgabe einer Steuererklärung verstreichen lässt, handelt nicht entschuldbar im Sinne des § 152 Abs. 1 AO (BFH vom 26.4.1989, BStBl 1989 II S. 693).

Einzelne denkbare Entschuldigungsgründe können sein:

  • vereinzeltes offenkundiges Versehen
  • geringfügige Fristüberschreitung (vgl. Tz 1.2.)
  • erstmalig verspätete Abgabe (vgl. Tz 1.4.1.)
  • schwere Erkrankung (vgl. Tz 1.4.2.)
  • hohes Alter
  • schwerer Unglücksfall.
 

1.4.1. Erstmalige Fristversäumnis

Eine erstmalig verspätete Abgabe stellt im Allgemeinen eine entschuldbare Fristversäumnis dar, so dass von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abgesehen werden kann.

Dies gilt jedoch nicht in besonders schwerwiegenden Fällen (z.B. wenn die Steuererklärung vorab angefordert war oder erst nach Einleitung von Zwangsmaßnahmen abgegeben wurde (BFH-Urteil vom 18.11.1986, BFH/NV 1987 S. 416).

 

1.4.2. Fristversäumnis wegen Krankheit

Krankheit kann nur dann ein Entschuldigungsgrund sein, wenn die Erkrankung ursächlich für die Fristversäumnis war. Dies ist der Fall, wenn der Erklärungspflichtige oder sein Berater durch die Krankheit gehindert waren, den steuerlichen Pflichten nachzukommen oder einen Dritten mit deren Erledigung zu beauftragen.

Erkrankungen von Familienangehörigen kann ein Fristversäumnis nur in Ausnahmefällen begründen. Ein solcher ist beispielsweise gegeben, wenn die Krankheit am Ende der Frist eingetreten ist (BFH vom 29.3.2007, BFH/NV 2007 S. 1617).

 

1.4.3. Erfolgloser Antrag auf Fristverlängerung

Wird ein Antrag auf (weitergehende) Fristverlängerung erst kurz vor oder gar erst nach Ablauf der gesetzten Frist gestellt, so trägt der Steuerpflichtige das Risiko einer Säumnis wegen möglicher Ablehnung dieses Fristverlängerungsantrags (BFH-Urteil vom 9.4.1987, BFH/NV 1988 S. 750). Das FA ist somit nicht verpflichtet, von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags abzusehen, wenn eine Fristverlängerung zwar beantragt, jedoch nicht genehmigt worden ist. Die Versäumnis ist dann grundsätzlich nicht entschuldbar.

 

1.4.4. Arbeitsüberlastung des Steuerpflichtigen oder seines steuerlichen Beraters

Die Arbeitsüberlastung des Steuerpflichtigen ist grundsätzlich kein Entschuldigungsgrund. Einem Steuerpflichtigen muss zugemutet werden können, private (auch berufliche) Interessen zurück zu stellen, wenn es darum geht, öffentlich-rechtliche Pflichten dem Staat gegenüber zu erfüllen (BFH-Urteil vom 3.8.1961, BStBl 1961 III S. 542; FG Baden-Württemberg vom 12.2.1992, 7 K 240/90).

Auch Arbeitsüberlastung und Personalengpässe bei dessen steuerlichen Berater können die verspätete Abgabe von Steuererklärungen grundsätzlich nicht zu entschuldigen (BFH-Urteil vom 29.9.1989, BFH/NV 1990 S. 615; BFH-Urteil vom 30.4.1987, BStBl 1987 II S. 543 und BFH-Urteil vom 21.5.1987, BStBl 1987 II S. 764). Der allgemeinen Arbeitsbelastung, die auf Personalmangel, Urlaub von Mitarbeitern, Abwesenheit wegen Geschäftsreisen und Fortbildungsveranstaltungen, auf Betriebsprüfungen usw. zurückzuführen is...

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