Leitsatz

Nach einer Verschmelzung zweier Aktiengesellschaften läuft die Spekulationsfrist des § 23 EStG für die Aktien dieser Gesellschaften neu an. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Verschmelzung als echte Anschaffung der Aktien gewertet wird.

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte Aktien einer Gesellschaft veräußert, die letztlich aus einer Verschmelzung mit einer Aktiengesellschaft hervorgegangen war, an der er sich seinerzeit beteiligt hatte. Seit dem Erwerb der ursprünglich erworbenen Anteile war mehr als ein Jahr, seit der Verschmelzung weniger als ein Jahr vergangen. Das Finanzamt wertete diesen Vorgang als privates Veräußerungsgeschäft i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht stimmte der Entscheidung des Finanzamts im Ergebnis zu. Mit der Verschmelzung der Gesellschaften beginne auf jeden Fall die Spekulationsfrist des § 23 EStG neu zu laufen. Dabei sei es nicht entscheidungserheblich, ob die Verschmelzung als tauschähnlicher Vorgang insoweit unmittelbar zu einer Anschaffung führt oder die Aktien nach § 13 Abs. 1 und 2 UmwStG im Wege der Fiktion zu den historischen Anschaffungskosten als angeschafft gelten.

Dieses Ergebnis ergibt sich nach Ansicht der Richter aus Sinn und Zweck der §§ 11 ff. UmwStG: Das Prinzip der Regelung der Verschmelzung oder Vermögensübertragung von zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteilen auf eine andere Körperschaft besteht darin, die Realisierung und Versteuerung der stillen Reserven auf der Ebene der Anteilseigner zu vermeiden, stattdessen aber die Steuerverstrickung dieser stillen Reserven fortzusetzen und sicherzustellen. Bei nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteilen bewirkt die Bewertung des Anschaffungsvorgangs mit den historischen Anschaffungskosten eine Steuerfreistellung des ansonsten vorliegenden Spekulationsgewinns. Diese Steuerfreistellung ist nach Auffassung des FG nur dadurch gerechtfertigt, dass eine spätere Besteuerung durch das Anlaufen einer neuen Spekulationsfrist vollumfänglich sichergestellt ist.

 

Hinweis

Gegen das Urteil wurde zwischenzeitlich Revision eingelegt (Az.: IX R 71/07). In vergleichbaren Fällen sollte deshalb Einspruch gegen die Steuerfestsetzung eingelegt werden, der zum Ruhen gebracht werden kann.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 07.08.2007, 1 K 4684/05 E,F

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