Leitsatz

1. Eine Person, die ursprünglich kein Recht an einem Grundstück hat, aber gegen Zahlung eines Geldbetrags seitens des Vermieters einen Mietvertrag über dieses Grundstück mit dem Vermieter abschließt und/oder ein Mietangebot des Vermieters annimmt, erbringt keine Dienstleistung i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL.

2. Eine Person, die ursprünglich kein Recht an einem Grundstück hat, aber in einer Optionsvereinbarung derart, wie sie im Ausgangsverfahren zugrunde liegt, gegen Zahlung eines Betrags seitens des Vermieters, der als Sicherheit für die Verpflichtungen aus der Optionsvereinbarung in einem Sonderkonto verbleibt, eine Option auf die Anmietung dieses Grundstücks übernimmt und die später diese Option gemäß der Optionsvereinbarung ausübt und das Mietangebot für das Grundstück gegen Freigabe des Geldes im Sonderkonto annimmt, erbringt zu keiner Zeit eine Dienstleistung i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL.

 

Normenkette

§ 1 UStG , § 3 UStG , § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG , Art. 2 6. EG-RL , Art. 13 Teil B Buchst. b 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Firma mit Sitz in Großbritannien, schloss mit der als Vermieterin auftretenden O & Y Ltd. einen Rahmenmietvertrag bezüglich eines Gebäudeteils einen Mietvertrag hierüber und eine Optionsvereinbarung, innerhalb einer bestimmten Frist weitere Gebäudeteile des betreffenden Gebäudes anmieten zu können.

Nach der Hauptvereinbarung sollte O & Y Ltd. einen Betrag von netto über 12 Mio. Pfund zzgl. Umsatzsteuer zahlen als Gegenleistung für den Abschluss des Mietvertrags und als Anreiz dafür, dass sich die Klägerin an den Vertrag gebunden fühle. Die Zahlungen erfolgten auf ein Sonderkonto und wurden ratierlich freigegeben, nachdem die Klägerin nicht mehr kündigen konnte. Die an den Beklagten (Commissioners of Customs & Excise) gezahlte Umsatzsteuer verlangt die Klägerin in dem anhängigen Rechtsstreit vom Beklagten zurück.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des EuGH erbringt ein Steuerpflichtiger, der nur die Gegenleistung für die Erbringung einer Dienstleistung in Geld zahlt oder der sich hierzu verpflichtet, selbst keine Dienstleistung, die der Umsatzsteuer unterliege. Daher erbringe ein Mieter, der sich nur verpflichtet, Mieter zu werden und den Mietzins zu zahlen, keine Dienstleistung, auch wenn er hierfür vom Vermieter bezahlt werde.

Etwas anderes ergebe sich nur dann, wenn der Vermieter aufgrund der Annahme, dass die Anwesenheit des Mieters als Prestigemieter in dem Gebäude andere Mieter anziehe, ihm als Gegenleistung für die Verpflichtung zum Umzug in das Gebäude etwas zahlt. Der EuGH spricht in diesen Fällen von einer möglichen Werbedienstleistung, die der Mieter entgeltlich erbringe. Bei Annahme einer solchen entgeltlichen Werbedienstleistung scheide allerdings eine Steuerfreiheit wie für die Vermietung von Grundstücken aus.

Die gleichen Überlegungen und Rechtsfolgen gelten nach Auffassung des EuGH in den Fällen, wo eine Optionsvereinbarung zur Anmietung getroffen wird und im Fall der Ausübung der Option der Vermieter eine Zahlung an den Mieter leistet. Auch hier scheide grundsätzlich eine der Umsatzsteuer unterliegende Dienstleistung des Mieters aus.

 

Hinweis

Die Grundfrage, die der EuGH zu entscheiden hatte, betraf einen potenziellen Mieter, der sich von seinem Vermieter für den Abschluss eines Mietvertrags bezahlen ließ. Zu Recht hat der EuGH diese Bezahlung nicht als Entgelt für ein konkretes Leistungsverhalten des Mieters bewertet. Das entspricht der deutschen Auffassung, wonach alleine die Leistungsbereitschaft noch keine Leistung ist. Letztendlich stellt die Zahlung durch den Vermieter wirtschaftlich nichts anderes dar als die Minderung seines Vermietungsentgelts.

Genau so zutreffend sind die Ausführungen des EuGH zur Abgrenzung des Mieterverhaltens als steuerbare sonstige Leistung, wenn die Zahlung durch den Vermieter eine mit dem Einzug des Mieters verbundene Werbung für sein Mietobjekt verbinden wollte. Der EuGH spricht in diesem Zusammenhang von einem sog. Prestigemieter. Schwierig dürfte in der Praxis allerdings die Abgrenzung sein: Wann erfolgt die Zahlung durch den Vermieter lediglich als Köder für den Mieter selbst, wann als Köder für andere potenzielle Mieter?

Überrascht hat die Entscheidung insoweit, als der EuGH bei Annahme einer selbstständigen entgeltlichen Leistung durch den Mieter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG = Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL verneinte. Unter Hinweis auf eine vergleichbare Entscheidung zur Beurteilung einer Räumungsentschädigung durch den Vermieter für das frühzeitige Räumen eines Grundstücks durch den Mieter hat der EuGH im vorliegenden Fall die Steuerbefreiung abgelehnt.

Im Fall der Räumungsentschädigung hat er gegen die damalige Rechtsauffassung in Deutschland die grundsätzliche Steuerbefreiung mit dem Hinweis begründet, die Räumung sei durch den Mietvertrag ausgelöst worden und damit wie eine Vermietung selbst zu beurteilen (vgl. Abschnitt 76 Abs. 1 Satz 5 UStR 2000). Die gleichen Überleg...

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