BMF, 17.8.2017, IV B 6 - S 1320/16/10002 :014

Merkblatt zum verpflichtenden automatischen und spontanen Austausch verbindlicher Auskünfte, verbindlicher Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Sachverhalten

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gelten für den verpflichtenden automatischen Informationsaustausch nach der Richtlinie 2015/2376/EU des Rates vom 8.12.2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung und zum verpflichtenden spontanen Informationsaustausch entsprechend den Vereinbarungen zu Aktionspunkt 5 des Projektes „Base Erosion and Profit Shifting” (Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung) mit OECD- und G20-Staaten sowie IF-Staaten (BEPS-Projekt) nachfolgende Grundsätze:

 

A. Einführung

1

Der Rat der Europäischen Union hat mit der Richtlinie 2015/2376/EU vom 8.12.2015 (ABl. L 332 vom 18.12.2015, S. 1) eine Ergänzung der Richtlinie 2011/16/EU (EU-Amtshilferichtlinie) beschlossen, die den automatischen Austausch von Informationen über grenzüberschreitende steuerliche Vorbescheide und Vorabverständigungen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen (sogenannte „Tax Rulings”) zum 1.1.2017 betrifft. Das EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) ist dazu mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016 (BGBl 2016 I S. 3000, BStBl 2017 I S. 5) geändert worden.

2

Darüber hinaus hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in enger Kooperation mit den G20-Staaten in 2015 im Rahmen des BEPS-Projekts Berichte zu insgesamt 15 Aktionspunkten veröffentlicht. Einzelheiten dazu sind auf der Homepage des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) abrufbar: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2017-06-02-faq-beps.html.

3

BEPS Aktionspunkt 5 (siehe Anlage 2 [hier nicht enthalten]), insbesondere Kapitel 5) widmet sich dem Thema Transparenz im Steuerrecht und sieht unter anderem einen verpflichtenden spontanen Austausch von Informationen zu bestimmten grenzüberschreitenden Steuervorbescheiden und zu Vorabzusagen über Verrechnungspreise vor (sogenannte „Tax Rulings”, näheres unter C. Sachlicher Anwendungsbereich). Mit seiner Einwilligung zu dem Abschlussbericht zu BEPS Aktionspunkt 5 hat Deutschland gleichzeitig bekräftigt, die darin enthaltenen Empfehlungen im Rahmen seiner bestehenden zwischenstaatlichen Verpflichtungen innerstaatlich umzusetzen.

4

Dem verpflichtenden spontanen Informationsaustausch im Sinne des BEPS Aktionspunktes 5 sind in der Folgezeit die Mitgliedstaaten des „Inclusive Framework on BEPS”, die nicht zugleich OECD- oder G20-Staaten sind (IF-Staaten; vgl. Anlage 3 [hier nicht enthalten]), beigetreten.

5

Die international als „grenzüberschreitende Tax Rulings” bekannten Maßnahmen werden im Folgenden als „steuerliche Vorbescheide” bezeichnet.

 

B. Rechtsgrundlagen

 

1. Rechtsgrundlage im Verhältnis zu EU-Mitgliedstaaten

6

Mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Mitgliedstaaten) sind für den Informationsaustausch über „steuerliche Vorbescheide” die Regelungen des EUAHiG anzuwenden, die die Vorgaben der EU-Amtshilferichtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.2.2011 (EU-Amtshilferichtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.2.2011 (ABl. EU L 64/1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2016/2258/EU des Rates vom 6.12.2016 (ABl. EU L 342/1)) in deutsches Recht umsetzen.

7

Das EUAHiG sieht vor, dass zwischen den EU-Mitgliedstaaten Informationen zu grenzüberschreitenden Vorbescheiden sowie Vorabverständigungen über die Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen automatisch ausgetauscht werden. „Steuerliche Vorbescheide” im Sinne des BEPS Aktionspunktes 5 sind hiervon bereits abgedeckt. Bei Unternehmen natürlicher Personen sind im Verhältnis zu den betroffenen EU-Mitgliedstaaten von BEPS Aktionspunkt 5 erfasste „steuerliche Vorbescheide” nach den Vorgaben von § 8 EUAHiG spontan auszutauschen, soweit der „steuerliche Vorbescheid” ausschließlich die Steuerangelegenheiten von natürlichen Personen betrifft (vgl. D. 1.).

8

Bei der praktischen Durchführung sind insbesondere die Regelungen der §§ 5 und 21 des Finanzverwaltungsgesetzes zu beachten.

 

2. Rechtsgrundlage im Verhältnis zu übrigen OECD-, IF- und G20-Staaten

9

Mit den OECD-, IF- und G20-Staaten, die nicht gleichzeitig EU-Mitgliedstaaten sind (übrige OECD-, IF- und G20-Staaten), sind die von BEPS Aktionspunkt 5 erfassten „steuerlichen Vorbescheide” nach Maßgabe der im Verhältnis der beteiligten Staaten jeweils geltenden Regelungen spontan auszutauschen. Zu diesen Regelungen zählen vor allem die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sowie das Gesetz zu dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen vom 16.7.2015, mit dem das Übereinkommen vom 25.1.1988 und das ...

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