Sprechen besondere Umstände oder Beweisanzeichen gegen das Vorliegen der Einkunfterzielungsabsicht, ist zu prüfen, ob ein Totalüberschuss erzielt werden kann. Ob die jeweilige Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss innerhalb des Zeitraums der tatsächlichen Vermögensnutzung erwarten lässt, hängt von einer vom Steuerpflichtigen zu erstellenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, den in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträgen und anfallenden Werbungskosten ab.

 
Wichtig

Unentgeltliche Rechtsnachfolge

Für die Prognose ist nicht nur auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Steuerpflichtigen, sondern ggf. auch seiner unentgeltlichen Rechtsnachfolger abzustellen.[1]

Für die durchzuführende Totalüberschussprognose ist (grundsätzlich) auf einen typisierten Zeiraum von 30 Jahren abzustellen; sie ist aus der Sicht ex ante und auf den Schluss des jeweils streitigen Veranlagungszeitraums aufzustellen. Zu berücksichtigen ist u. a., dass die zukünftig zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben nur dann anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zu schätzen sind, wenn keine ausreichenden objektiven Umstände für die zukünftige Entwicklung der Mieteinnahmen und Ausgaben vorliegen.[2]

 
Hinweis

Kürzerer Prognosezeitraum

  • Ist für die Ausübung eines grundsätzlich lebenslangen dinglichen Wohnungsnutzungsrechts ein Entgelt nur für eine zeitlich begrenzte Dauer (ca. 10 Jahre) zu entrichten, muss die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Totalüberschussprognose überprüft werden. Der Prognosezeitraum ist hierbei auf die Dauer der entgeltlichen Nutzungsüberlassung (hier: entgeltliche Ausübung des dinglichen Wohnungsrechts) begrenzt.[3]
  • Bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht mittels Überschussprognose für ein an den Sohn vermietetes Objekt, dass im Jahr der Herstellung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an diesen unentgeltlich übertragen wird und für das sich der Steuerpflichtige ein Nießbrauchsrecht für 5 Jahre zurückbehalten hat, ist nur auf die voraussichtliche Dauer des Nießbrauchsrechts abzustellen. Denn es ist von vornherein klar, dass es nach Ablauf der 5 Jahre durch den Wegfall des Nießbrauchs und dem damit einhergehenden Übergang des Mietverhältnisses auf den Eigentümer zum Erlöschen des Mietverhältnisses (Konfusion) kommt und diese Einkunftsquelle in eine Selbstnutzung (des Sohnes) überführt wird.[4]
 
Wichtig

Beginn des Prognosezeitraums

Der Prognosezeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Erwerb oder der Herstellung des für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Objekts. Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen Vermietungstätigkeit eine andere Form der Vermietung – etwa durch die gleichzeitige Vermietung mehrerer Objekte, die vorher einzeln oder gar nicht vermietet waren, im Rahmen eines einheitlichen Mietvertrags – aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten.[5]

Die Grundsätze, nach denen eine Totalüberschussprognose durchzuführen ist, wurden vom BFH im Jahr 2001 (neu) konzipiert.[6] Die Prinzipien wurden ursprünglich nur für die Vermietung von Ferienwohnungen entwickelt. Sie sind jedoch anerkanntermaßen allgemein auf jegliche Überschussprognose im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anwendbar.

Die Verwaltung hat sich diesen Kriterien angeschlossen.[7]

Durch die Neufassung des § 21 Abs. 2 EStG durch das Steuervereinfachungsgesetz ist bei der (teil-)entgeltlichen Überlassung durch die Einführung der "66 %-Grenze" ab dem Veranlagungszeitraum 2012 allerdings eine Steuervereinfachung eingetreten. Die für vorangegangene Veranlagungszeiträume anzustellende Totalüberschussprognose für die Nutzungsüberlassung von Wohnraum, bei denen das Nutzungsentgelt 56 % und mehr, aber weniger als 75 % der ortsüblichen Miete beträgt, ist nämlich weggefallen. Durch das Jahressteuergesetz 2020 ist dieser Vereinfachung ab 2021 wieder der Boden entzogen worden.[8]

[5] BFH, Urteil v. 19.2.2019, IX R 16/18, BFH/NV 2019 S. 804; im Streitfall hatte der Steuerpflichtige einen Hotel- und Gaststättenkomplex nebst Nebengebäuden und einem Wohnhaus erworben und zunächst nur den Betrieb des Hotel-Restaurants fremdverpachtet. Nach Kündigung des Pachtvertrags und anschließenden Umbau- und Erweiterungsarbeiten verpachtete der Steuerpflichtige den gesamten Hotel- und Gaststättenkomplex einschließlich Nebengebäuden und Wohnhaus durch einheitlichen Pachtvertrag.

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