Leitsatz

1. Bei der Vermietung eines Objekts mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm besteht eine Ausnahme von der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit, die Anlass zu deren Überprüfung mittels einer Totalüberschussprognose gibt.

2. An den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit und den diesbezüglichen Ausnahmen, insbesondere bei der Vermietung eines Objekts mit mehr als 250 qm Wohnfläche, hält der Senat auch nach der Einfügung von § 21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 fest.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger (Eheleute) vermieteten in den Streitjahren drei von ihnen angeschaffte, vollständig fremdfinanzierte Stadthäuser (mit jeweils deutlich mehr als 250 qm Wohnfläche) an ihre drei volljährigen Kinder und deren Familien. Die vereinbarten Mieten lagen nach den Feststellungen des FG jeweils über 66 % der Marktmiete. Gleichwohl überprüfte das FG nach Maßgabe der älteren BFH-Rechtsprechung die Einkünfteerzielungsabsicht, die es jeweils verneinte. Die Kläger hätten zwar vollentgeltlich, aber ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.1.2021, 5 K 1938/19).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil im Grundsatz bestätigt. Das FG habe die Einkünfteerzielungsabsicht dem Grunde nach zu Recht überprüft. Der BFH hat die Sache jedoch an das FG zurückverwiesen, um Fehler bei der Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht zu korrigieren und fehlende tatsächliche Feststellungen in diesem Zusammenhang nachzuholen.

 

Hinweis

1. Bei auf Dauer angelegter Vermietung von Wohnraum geht der BFH grundsätzlich und typisierend davon aus, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (ständige Rechtsprechung). Dies leitet die Rechtsprechung bisher aus dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ab.

2. Ergänzend führt die Besprechungsentscheidung nun an, die Vermutung gelte nur für Wohnungen, die üblicherweise vermietet würden und deren Gebrauchswert sich in der erzielbaren Marktmiete ausdrücke. Bei Objekten, bei denen die Marktmiete "keine angemessene Gegenleistung für den Gebrauchswert der Wohnung" darstelle, fehle die Grundlage für die typisierende Annahme. Es handele sich dann um einen Ausnahmefall.

a) Mit diesen Erwägungen verlässt der BFH die normative Begründung der Typisierung (Normzweck) und stellt offenbar auf die tatsächlichen Verhältnisse ab, die er darin sieht, dass bei bestimmten Objekten, die nach Ansicht des BFH üblicherweise nicht vermietet werden, der Wohnwert in der erzielbaren Miete nicht hinreichend abgebildet werde. Eine empirische Grundlage dafür gibt das Urteil nicht an.

b) Die Vermutung gelte danach vor allem nicht für "aufwendig gestaltete oder ausgestattete Wohnungen". Eine aufwendig gestaltete oder ausgestattete Wohnung sei bereits anzunehmen, wenn die Wohnfläche mehr als 250 qm betrage. Der BFH geht nicht darauf ein, dass die reine Wohnfläche weder eine Frage der Gestaltung noch der Ausstattung des Objekts ist. Er betont vielmehr, es sei unerheblich, dass auch solche Objekte tatsächlich vermietet würden.

c) Zur Begründung verweist der BFH ergänzend darauf, dass Mietspiegel in der Regel für Objekte mit über 250 qm Wohnfläche keine Angaben enthielten, sodass die ortsübliche Marktmiete für solche Objekte mit ihrer Hilfe nicht bestimmt werden könne.

3. Diese Rechtsprechung gelte nach der Einfügung von § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG fort.

a) Der Gesetzgeber habe die Rechtsprechung unangetastet lassen wollen. Zwar habe er mit Einführung der Entgeltlichkeitsfiktion das Erfordernis zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht im Interesse der Vereinfachung des Rechts beseitigen wollen, dies jedoch nur für einem Teilbereich der Fälle und jedenfalls nicht in Bezug auf die in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefallgruppen.

b) Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe sich nichts anderes. Die Fiktion der Vollentgeltlichkeit betreffe nur den objektiven Tatbestand; das Merkmal der Einkünfteerzielungsabsicht sei dagegen ein subjektives Merkmal, zu dem sich aus dem Gesetz nichts ergebe.

c) Auch aus den Materialien ergebe sich nichts anderes. Der Gesetzgeber habe nur das Thema der Teilentgeltlichkeit im Blick gehabt.

d) Auch der Zweck des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG gehe nicht dahin, die anerkannten Ausnahmen von der typisierten Einkünfteerzielungsabsicht zu beseitigen. Dies liege vielmehr außerhalb des Zwecks der Regelung.

4. Die Ausführungen in Rz. 28 zur "Hochrechnung" von Mieteinnahmen sind so zu verstehen, dass der Senat eine rechnerische Fortschreibung der Mietspiegelwerte für besonders große Objekte für nicht zulässig erachtet. Wenn der vorliegende Mietspiegel für Objekte von über 160 qm keine tatsächliche Grundlage habe (so ...

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