10.11.1 Allgemeines Verrechnungsverbot

Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, da für die Besteuerung der Kapitaleinkünfte der gesonderte ESt-Satz von 25 % gilt. Sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.[1] Sie mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus Kapitalvermögen erzielt.[2] Auch hier liegt ein besonderer Verrechnungskreis vor. Nach § 20 Abs. 6 Satz 3 EStG ist § 10d Abs. 4 EStG (= Feststellungsverfahren) analog anzuwenden. Daraus folgt, dass kein Verlustrücktrag zulässig ist, denn für diesen wäre § 10d Abs. 1 EStG maßgebend. Zudem ist er in § 20 Abs. 6 EStG nicht ausdrücklich geregelt. Auch die Höchstbetragsregelung des § 10d EStG für den Verlustvortrag ist nicht anzuwenden. Die einzige Begrenzung ist die Höhe der positiven Einkünfte in den nachfolgenden VZ. Dafür sind die Verlustbeträge am Ende des VZ nach Maßgabe des § 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellen.

Verluste aus Knock-out-Zertifikaten sind anzuerkennen. Knock-out-Zertifikate sind eine besonders spekulative Form der Geldanlage. Anleger spekulieren mit Hebeln auf steigende oder fallende Kurse. Kommt es bei solchen Zertifikaten zum Eintritt des Knock-out-Ereignisses, können die Anschaffungskosten dieser Zertifikate nach der ab 1.1.2009 geltenden Rechtslage im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Verlust berücksichtigt werden, ohne dass es auf die Einordnung als Termingeschäft ankommt.[3]

Der insolvenzbedingte Ausfall einer privaten Darlehensforderung kann im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgleichsfähig sein.[4]

 
Hinweis

Anhängiges Verfahren beim BFH

Beim BFH ist die Frage anhängig, ob die Zwischenschaltung einer vom Steuerpflichtigen beherrschten Kapitalgesellschaft in die Veräußerung von Anleihemänteln zum Zweck der Verlagerung der aus der Veräußerung erzielten Verluste in den Anwendungsbereich der dem allgemeinen Steuertarif unterliegenden Einkünfte einen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO darstellen kann.[5]

10.11.2 Veräußerung von Aktien

Verluste aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (= Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG), die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, dürfen nur mit Gewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, die aus der Veräußerung von Aktien entstehen, ausgeglichen werden. Das allgemeine Verrechnungsverbot[1] gilt dabei entsprechend.[2] § 10d Abs. 4 EStG ist sinngemäß anzuwenden.

Eine Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert. Dadurch macht der Steuerpflichtige lediglich von gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch, missbraucht diese aber nicht.[3]

Nicht ausgleichbare Verluste mindern in entsprechender Anwendung des § 10d Abs. 4 EStG die positiven Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus solchen Veräußerungen erzielt. Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, dürfen nur verrechnet werden oder mindern die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden VZ aus Kapitalvermögen erzielt, wenn eine Bescheinigung i. S. d. § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliegt.[4]

Der Verlust aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien durch eine Kapitalherabsetzung auf Null samt eines Bezugsrechtsausschlusses für die anschließende Kapitalerhöhung auf der Grundlage eines Insolvenzplans ist als Aktienveräußerungsverlust steuerbar. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 EStG sind entsprechend anwendbar.[5]

 
Hinweis

Steuerbarkeit des insolvenzbedingten Untergangs von Aktien

Mit Urteil v. 17.11.2020[6] hat sich der BFH ausführlich zu den ertragsteuerrechtlichen Folgen aus einem insolvenzbedingten Untergang von Aktien geäußert. Danach ist in bestimmten Fällen die steuermindernde Berücksichtigung im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen zulässig. Dem ist die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben v. 19.5.2022[7] gefolgt.

 
Hinweis

Anhängiges Verfahren beim BFH

Beim BFH ist die Frage anhängig, ob die einschränkende Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG a. F., wonach Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen, verfassungsgemäß ist. Am 17.11.2020 hat der BFH aufgrund der am 20.4.2018 eingelegten Revision beschlossen, dazu eine Entscheidung des BVerfG einzuholen.[8]

Die Finanzverwaltung hat auf diesen Beschluss reagiert und die Verlustverrechnungsbeschränkun...

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