OFD Magdeburg, 26.10.2000, S 0130 - 86 - St 311/S 0130 A

Zivilgerichtliches Verfahren über den Unterhalt

Die (durch Art. 3 KindUG vom 6.4.1998, BGBl 1998 I S. 666, neugefassten) §§ 642 ff. ZPO regeln das gerichtliche Verfahren betreffend die gesetzliche Unterhaltspflicht eines Elternteils oder beider Elternteile gegenüber einem minderjährigen Kind.

Nach § 643 Abs. 1 ZPO kann das Gericht den Parteien in Unterhaltsstreitigkeiten des § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 11 ZPO aufgeben, unter Vorlage entsprechender Belege Auskunft über ihre Einkünfte und, soweit es für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung ist, über ihr Vermögen und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen. Kommt eine Partei dieser Aufforderung nicht oder nicht vollständig nach, so kann das Gericht in Rechtsstreitigkeiten, die den Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes betreffen, u.a. bei den Finanzämtern Auskunft über die Höhe der Einkünfte und das Vermögen einholen, soweit dies zur Aufklärung erforderlich ist (§ 643 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Die Finanzämter sind verpflichtet, derartigen Ersuchen Folge zu leisten (§ 643 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO).

Zur Vorlage von Belegen, Steuererklärungen, sonstiger Urkunden, Steuerbescheiden oder der Steuerakten der Streitparteien sind die Finanzämter nach §§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, 643 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht befugt und damit auch nicht verpflichtet. Hierüber haben das BMF und das BMJ Einvernehmen erzielt. Entgegenstehenden Ersuchen ist nicht zu entsprechen.

Strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht

Bezüglich der Frage, ob die Gerichte in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB) dazu befugt sind, zum Zwecke der Auffindung von Beweismitteln die Beschlagnahme von dem Steuergeheimnis unterliegenden Steuerakten bei der Finanzbehörde und die Durchsuchung der Diensträume der Finanzbehörde anzuordnen (§§ 98 Abs. 2, 100, 102, 103, 105 StPO), gilt Folgendes:

Die von den Finanzbehörden zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen oder eines Strafverfahrens wegen einer Steuerstraftat oder eines Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit erhobenen und gespeicherten Daten (z.B. die in den Steuererklärungen enthaltenen Angaben) unterliegen dem Steuergeheimnis.

Anders als für steuerliche Zwecke dürfen Kenntnisse, die dem Steuergeheimnis unterliegen, zur Durchführung von Strafverfahren wegen anderer als steuerlicher Delikte nur unter bestimmten Voraussetzungen den Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichten offenbart werden. Die Kenntnisse müssen entweder in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. a AO) oder ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht (§ 30 Abs. 4 Nr. 4 Buchst. b AO) erlangt worden sein. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, besteht insoweit keine Offenbarungsbefugnis der Finanzbehörden, es sei denn, die Offenbarung ist gesetzlich ausdrücklich zugelassen (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO), der Betroffene stimmt ihr zu (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) oder an der Offenbarung der Verhältnisse des Betroffenen besteht ein zwingendes öffentliches Interesse (§ 30 Abs. 4 Nr. 5 AO). Im Regelfall liegen diese Ausnahmetatbestände, wie hier beim Straftatbestand der Unterhaltspflichtverletzung, nicht vor, so dass es bei einem Offenbarungsverbot bleibt.

§ 96 StPO bestimmt, dass die Vorlegung oder Auslieferung von Akten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken durch Behörden und öffentliche Beamte nicht gefordert werden darf, wenn deren oberste Dienstbehörde erklärt, dass das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten oder Schriftstücke dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde. Wird eine Steuererklärung gemäß § 96 StPO nicht abgegeben, gelten die allgemeinen Beschlagnahmevorschriften der StPO auch für im Gewahrsam einer Behörde befindliche Akten und Schriftstücke.

Das Auskunftsrecht der Staatsanwaltschaft gemäß § 161 StPO erstreckt sich indessen nicht auf solche Erkenntnisse, die den Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren über außersteuerstrafrechtliche Straftaten des Steuerpflichtigen bekannt geworden sind. Dementsprechend ist es den in § 30 Abs. 1 AO bezeichneten Amtsträgern verboten, die in § 30 Abs. 2 AO bezeichneten Tatsachen unbefugt zu offenbaren; sie dürfen darüber weder als Zeuge aussagen noch amtliche Auskünfte geben oder Akten und andere Schriftstücke herausgeben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist in § 30 Abs. 4 Nr. 4, 5 AO enthalten. Diese Vorschriften sind jedoch für die hier in Rede stehenden Fälle nicht einschlägig.

Aus der Zusammenschau der genannten Regelungen in Verbindung mit dem Rechtsgedanken der Verhinderung einer Umgehung von Offenbarungsverweigerungsrechten folgt daher der Grundsatz, dass der Beschlagnahme von Steuerakten grundsätzlich § 30 AO entgegensteht. Unter den in § 30 Abs. 4 AO genannten V...

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