Leitsatz

Es wird eine Entscheidung des BVerfG eingeholt, ob § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) und ob § 10a Satz 2 GewStG 2002 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze vom 23.12.2003 (BGBl I 2003, 2922, BStBl I 2004, 20) gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 1 KStG, § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG, § 10a Satz 2 GewStG, Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Insolvenzverwalter in dem 2005 eröffneten und 2012 nach vollzogener Schlussverteilung aufgehobenen Insolvenzverfahren über das Vermögen der B GmbH, eines Unternehmens, das sich mit Immobiliengeschäften und damit zusammenhängender Entwicklungs- und Erschließungsmaßnahmen beschäftigte.

Die B GmbH hatte 1992 eine Kooperationsvereinbarung mit der D GmbH geschlossen. Sie sollte die für die Aufgaben der D GmbH erforderlichen Grundstücke soweit wie möglich auf eigene Rechnung erwerben. Die Planung ging dahin, dass sich die Gesamtkosten der Entwicklungsmaßnahme einschließlich der der B GmbH zustehenden Vergütung aus der Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis der Grundstücke sowie eventuellen Erlösen aus der Grundstücksbewirtschaftung decken lassen würden. Im Übrigen sollte die B GmbH die Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis bei den Grundstücksgeschäften unter Abzug der ihr entstandenen Kosten an die D GmbH abführen. In der Folgezeit kam es zu langwierigen Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten zwischen der B GmbH und der D GmbH, die im Ergebnis mit einer "Vereinbarung über die Abgeltung von Ansprüchen" endeten. Die D GmbH hat danach an den Kläger denjenigen Betrag zu zahlen, der der Summe aller im Insolvenzverfahren über das Vermögen der B GmbH zu ­berücksichtigenden Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen entspricht. Im Zuge der Auseinandersetzungen hatte die B GmbH eine von ihr (aktivierte) Ausgleichsforderung gegenüber der D GmbH i.H.v. rd. 44 Mio. EUR zunächst – im Jahresabschluss zum 31.12.2004 – wertberichtigt und vollständig abgeschrieben. Daraus errechnete sich ein Jahresfehlbetrag von rd. 46 Mio. EUR. Im Jahresabschluss zum 31.12.2006 wurde diese Abschreibung infolge Wertaufholung rückgängig gemacht, wodurch sich zum 31.12.2006 ein Jahresüberschuss von rd. 75 Mio. EUR ergab.

Das FA setzte die KSt 2008 auf Basis des hiernach ermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte von rd. 78 Mio. EUR nach Maßgabe von § 11 Abs. 7 KStG für den Abwicklungszeitraum vom 28.7.2005 bis zum 31.7.2008 erklärungsgemäß fest. Die aufgelaufenen Verluste i.H.v. rd. 72 Mio. EUR berücksichtigte er dabei unter Anwendung von § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 2 EStG i.d.F. des ­Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfeh­lung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) nur i.H.v. rd. 47 Mio. EUR. Den nach Maßgabe von § 7 Satz 1 GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des GewStG und anderer Gesetze vom 23.12,2003 (BGBl I 2003, 2922, BStBl I 2004, 20) ermittelten Gewerbeertrag verteilte das FA nach § 16 Abs. 1 und 2 GewStDV zeitanteilig auf den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 30.7.2008. Es berücksichtigte also in 2006 und in 2007 jeweils rd. 26 Mio. EUR und in 2008 rd. 15 Mio. EUR, erhöht um die hälftige Hinzurechnung sog. Dauerschuldentgelte gem. § 8 Nr. 1 GewStG a.F., und setzte die GewSt-Messbeträge 2006 bis 2008 entsprechend fest. Die aus den Steuerbescheiden resultierenden Forderungen wurden von der D GmbH bezahlt.

Die (u.a.) dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.4.2012, 12 K 12179/09, 12 K 12177/10, Haufe-Index 3404778, DStRE 2013, 413).

 

Entscheidung

Der BFH folgte dem FG in der "einfach-gesetzlichen" Rechtsauslegung des § 10d Abs. 2 EStG. Er war indessen davon überzeugt, dass die Mindestbesteuerung in der konkreten Verlust-/Gewinnsituation, in welcher sich die B GmbH infolge der Teilwertabschreibung und der Teilwertaufstockung befunden hat, verfassungswidrig sei. Sie verstoße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, weil die Mindeststeuer den Verlust nicht lediglich "strecke", sondern definitiv "vernichte". Das aber sei nicht hinzunehmen, weshalb das BVerfG über den dadurch ausgelösten Gleichheitsverstoß zu entscheiden habe.

 

Hinweis

1.Der BFH hält die sog. Mindestbesteuerung gem. § 10d Abs. 2 EStG"in ihrer Grundkonzeption" nach wie vor (s. bereits BFH, Urteile vom 22.8.2012, I R 9/11, BStBl II 2013, 512, BFH/NV 2013, 161, BFH/PR 2013, 41; vom 20.9.2012, IV R 36/10, BStBl II 2013, 498, BFH/NV 2013, 138, BFH/PR 2013, 58; vom 23.1.2013, I R 35/12, BStBl II 2013, 508, BFH/NV 2013, 858, BFH/PR 2013, 195) nicht für verfassungs­widrig.

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