Zusammenfassung

 
Überblick

Der Tod eines Einzelunternehmers führt weder zu einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe durch den Erblasser noch zu einer Anschaffung des Betriebs durch den Erben (BFH, Urteil v. 30.8.2007, IV R 5/06, BStBl 2008 II S. 113). Steuerlich handelt es sich um eine unentgeltliche Betriebsübertragung, d.  h. um einen Buchwertfortführungsfall nach § 6 Abs. 3 EStG. Mit dem Tod des Unternehmers wird dessen Betriebsvermögen zu Betriebsvermögen des oder der Erben, weil mit dem Eintritt des Erbfalls das Vermögen des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den oder die Erben übergeht (§ 1922 BGB). Ist nur ein Erbe vorhanden oder eingesetzt, geht der gesamte Nachlass des Erblassers auf ihn allein über. Er wird Alleineigentümer aller Wirtschaftsgüter, die sich im Nachlass befinden. Eine Erbauseinandersetzung erfolgt nicht. Die Vererbung eines Einzelunternehmens beinhaltet regelmäßig komplexe zivilrechtliche und einkommensteuerrechtliche Fragestellungen, die im Folgenden erörtert werden.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Eine gesetzliche Regelung zur Fortführung der Buchwerte enthält § 6 Abs. 3 EStG. Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich u. a. im BMF-Schreiben v. 14.3.2006 (BMF, Schreiben v. 14.3.2006, IV B 2 – S 2242 – 7/06, BStBl 2006 I S. 253; Neufassung der Rn. 52 durch BMF, Schreiben v. 27.12.2018, IV C 6-S 2242/07, BStBl 2019 I S. 11).

1 Zivil- und steuerrechtliche Gesamtrechtsnachfolge

Nach bürgerlichem Recht tritt beim Tod eines Menschen der Erbfall ein. Das Vermögen der verstorbenen Person, die vom Gesetz als Erblasser bezeichnet wird, geht als Ganzes im Wege der Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge) auf den oder die gesetzlichen oder letztwillig bestimmten Erben über.[1] Wenn der Erblasser keine Erbfolge bestimmt hat, tritt die "gesetzliche Erbfolge" ein. Das ist der Fall, wenn der Erblasser überhaupt keine Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) errichtet hat oder wenn die von ihm errichtete Verfügung keine Erbeinsetzung enthält, z. B. nur Vermächtnisse oder Teilungsanordnungen. Das Gleiche gilt, wenn die Erbeinsetzung aus formellen oder materiellen Gründen unwirksam ist.

Von der Gesamtrechtsnachfolge des/der Erben wird das gesamte vererbliche Aktiv- und Passivvermögen des Erblassers umfasst. Die Gesamtheit der auf den Erben übergehenden Rechte und Pflichten bildet vom Erblasser her gesehen den ”Nachlass”, vom Erben her gesehen die ”Erbschaft”.

 
Achtung

Gegenständliche Erbeinsetzung ist nicht möglich

Eine gegenständlich beschränkte Erbeinsetzung ist nicht möglich. Die gewünschte Zuordnung einzelner Vermögensgegenstände muss im Wege der Vermächtsnis- oder Teilungsanordnung geregelt werden.

Ziel dieser Gesamtrechtsnachfolge ist es, im Interesse des Erben und der Nachlassgläubiger das Vermögen des Erblassers unverändert auf den oder die Erben zu überführen. Das für den Erbfall statuierte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den Bereich des Zivilrechts, sondern erstreckt sich auch auf das Steuerrecht; der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger tritt in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers ein.[2]

Die Steuerschuld des Erblassers geht auf den Erben über.[3]

2 Übergang des Betriebs auf einen Alleinerben

2.1 Buchwertfortführungszwang ohne Gewinnrealisierung

Ein Handelsgeschäft oder ein sonstiges Unternehmen, das der Erblasser betrieben hat, ist grundsätzlich vererbbar. Der Betrieb fällt als Ganzes in den Nachlass.[1]  Die Kaufmannseigenschaft nach §§ 1 ff. HGB ist dagegen nicht vererblich, sie kann aber in der Person des Erben neu entstehen.

Geht ein Betrieb im Wege der Erbfolge auf einen Alleinerben über, handelt es sich steuerlich um eine unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Schuldrechtliche Beziehungen zwischen Erblasser und Alleinerbe erlöschen zivilrechtlich i.  d.  R. mit dem Erbfall durch Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit (Konfusion).[2] Der Alleinerbe ist verpflichtet, das Betriebsvermögen in dem Umfang und mit den Werten fortzuführen, mit denen es in der Bilanz des Erblassers ausgewiesen war.[3]

Die Fortführung der Buchwerte ohne Gewinn­realisierung ist auch dann zwingend, wenn das Kapitalkonto des Erblassers negativ ist.[4]

Dieselben Grundsätze gelten auch für einen durch den Erblasser verpachteten Betrieb.[5]

Dem Erblasser entsteht kein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn, der Erbe hat keine Anschaffungskosten. Aufgrund der Fortfüh­rung des Betriebs unter gleichzeitiger Übernahme der Bilanzansätze scheidet eine Realisierung stiller Reserven aus, sie gehen unbesteuert auf den Erben über.

 
Hinweis

Prozesskosten für Testamentsanfechtung keine Betriebsausgabe

Prozesskosten für eine Testamentsanfechtung oder zur Abwehr erbrechtlicher Ansprüche sind keine Betriebsausgaben, obwohl zum Nachlass ein Gewerbebetrieb gehört.[6]

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