LfSt Bayern, 18.11.2011, S 2225.2.1 - 7/7 St 32

Auswirkungen des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 (GrS 2/04; BStBl 2008 II S. 608) auf den Verlustausgleich; Übertragbarkeit des Beschlusses auf andere Verrechnungskreise

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat mit Beschluss vom 17.12.2007 (a.a.O.) entschieden, dass der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug (Verlustvortrag nach § 10d EStG) nicht bei seiner eigenen Einkommensteuerveranlagung geltend machen kann.

In Ergänzung der BMF-Schreiben vom 24.7.2008 (BStBl 2008 I S. 809) und vom 29.11.2004 (BStBl 2004 I S. 1097) zur Anwendung des o.g. Beschlusses gelten die nachfolgenden Ausführungen:

 

I. Verlustausgleich/-abzug

 

1. Grundsatz

1

Im Todeszeitpunkt nicht aufgezehrte Verluste des Erblassers können im Todesjahr nur in den Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 EStG und unter Beachtung der Mindestbesteuerung nach § 10d EStG bei der Veranlagung des Erblassers einfließen (Ausgleich mit positiven Einkünften des Erblassers). Sie können grundsätzlich nicht im Rahmen des Verlustausgleichs und -abzugs bei der Veranlagung des Erben berücksichtigt werden. Die einzelne natürliche Person ist das Zurechnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG), so dass die persönliche Steuerpflicht auf die Lebenszeit einer Person beschränkt ist und mit dem Tod endet.

 

2. Verlustausgleich und Verlustabzug bei Ehegatten

2

Ehegatten können im Todeszeitpunkt noch nicht ausgeglichene Verluste des Erblassers bei der Veranlagung für das Todesjahr im Rahmen der Zusammenveranlagung (§§ 26, 26b EStG) mit positiven Einkünften des überlebenden Ehegatten ausgleichen.

Werden die Ehegatten für das Todesjahr zusammen veranlagt und erfolgte für das Vorjahr ebenfalls eine Zusammenveranlagung, ist ein Rücktrag des nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers in das Vorjahr möglich. Werden die Ehegatten für das Todesjahr zusammen veranlagt und erfolgte für das Vorjahr eine getrennte Veranlagung, ist ein Rücktrag des noch nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers nur bei der getrennten Veranlagung des Erblassers zu berücksichtigen (§ 62d Abs. 1 EStDV).

Werden die Ehegatten für das Todesjahr getrennt veranlagt und erfolgte für das Vorjahr eine Zusammenveranlagung, ist ein Rücktrag des nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers in das Vorjahr möglich (§ 62d Abs. 2 Satz 1 EStDV). Werden die Ehegatten für das Todesjahr getrennt veranlagt und erfolgte auch für das Vorjahr eine getrennte Veranlagung, ist ein Rücktrag des noch nicht ausgeglichenen Verlusts des Erblassers nur bei der getrennten Veranlagung des Erblassers zu berücksichtigen.

Für den überlebenden Ehegatten sind für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den Schluss des Todesjahres des Erblassers und die Anwendung der sog. Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG in den Folgejahren allein die auf den überlebenden Ehegatten entfallenden nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte maßgeblich.

 

II. Anwendung bei besonderen Verlustverrechnungskreisen

3

Der Beschluss des Großen Senats zum Verlustabzug nach § 10d EStG in Erbfällen hat auch Auswirkungen auf die gesonderten Verlustverrechnungskreise des Einkommensteuergesetzes. Diese sind in der nachfolgenden tabellarischen Übersicht zusammengefasst dargestellt:

Verlustverrechnungskreis Anwendbarkeit der Grundsätze des BFH-Beschlusses (Ausschluss der Vererbbarkeit von Verlusten bzw. Hinzurechnungspotential)
  JA NEIN ANMERKUNGEN
§ 2a Abs. 1 EStG X   Siehe Rn. 4
§ 2a Abs. 3 EStG a.F.   X Siehe Rn. 5 und 6
oder § 2 AuslInvG      
§ 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG   X Siehe Rn. 8;
      Ausnahme: Aufgabe oder Veräußerung des verlustbehafteten Betriebs, Mitunternehmeran- teils oder Teilbetriebs bereits vor dem Erbfall
§ 15 Abs. 4 Satz 3 bis 5 EStG X   Siehe Rn. 8
§ 15a EStG   X Siehe Rn. 9
§ 15b EStG   X Siehe Rn. 9
§ 20 Abs. 6 EStG X   Siehe Rn. 10;
      ab VZ 2009
§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 3 X   Siehe Rn. 11;
Satz 7 bis 10 EStG     Ausnahme: Eintritt des Erbfalls vor verlustbehafteter Veräußerung
§ 22 Nr. 3 Satz 4 bis 6 EStG X   Siehe Rn. 12
 

1. Negative ausländische Einkünfte nach § 2a Abs. 1 EStG

4

Die Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats zur Nichtvererblichkeit von Verlusten nach § 10d EStG sind auch auf die Regelungen des § 2a Abs. 1 EStG anzuwenden, da diese wie § 10d EStG an das Prinzip der individuellen Leistungsfähigkeit anknüpfen und insoweit vergleichbar sind. Eine Differenzierung der einzelnen, in § 2a Abs. 1 EStG genannten Tatbestände kommt nicht in Betracht.

 

2. Hinzurechnung zuvor abgezogener ausländischer Betriebsstättenverluste nach § 2a Abs. 3 EStG a.F. oder § 2 AuslInvG

5

a) § 2a Abs. 3 EStG a.F.

Beim Erben hingegen ist gemäß § 2a Abs. 3 EStG a.F. eine Hinzurechnung der vom Erblasser erzielten Verluste vorzunehmen (Nachversteuerungsregelung). Denn bei § 2a Abs. 3 EStG a.F. handelt es sich um eine Nachversteuerungsregelung, die einen anderen Rechtscharakter als § 10d EStG hat. Dieser kommt daher eine Sonderstellung bei den Verlu...

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