1.1 Vermögensminderung/verhinderte Vermögensmehrung

Eine verdeckte Gewinnausschüttung erfordert eine Auswirkung auf das Vermögen (= Eigenkapital) der Körperschaft. Dies kann durch eine konkrete Vermögensminderung erfolgen, aber auch durch die Verhinderung einer Vermögensmehrung.

 
Praxis-Beispiel

Vermögensminderung/verhinderte Vermögensmehrung

Gesellschafter A der A-GmbH entnimmt dem Warenlager der GmbH ohne Berechnung Waren für den persönlichen Gebrauch. Die Entnahme aus dem Warenlager wird als a. o. Aufwand gebucht. Bei der GmbH tritt eine Vermögensminderung ein.

Die B-GmbH führt bei ihrem Gesellschafter unentgeltlich Arbeiten an seinem privaten Einfamilienhaus durch. Bei einem fremden Kunden hätte sie dafür 10.000 EUR berechnet.

Der Verzicht auf die Berechnung führt bei der B-GmbH zu einer verhinderten Vermögensmehrung (die GmbH hat auf Einnahmen von 10.000 EUR und damit auf Gewinn verzichtet).

Die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung führt nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn die Körperschaft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen auch gegenüber einem Nichtgesellschafter den Nachteil hingenommen hätte. Dies kann der Fall sein, wenn zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ein angemessenes Entgelt in anderer Weise vereinbart worden ist. Die Anerkennung eines derartigen Vorteilsausgleichs setzt voraus, dass eine rechtliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung aus einem gegenseitigen Vertrag besteht.[1]

 
Praxis-Beispiel

Vorteilsausgleich

Die A-GmbH überlässt unentgeltlich Gesellschafter A einen Pkw zur Nutzung. Im Gegenzug stellt A der A-GmbH ein unbebautes Grundstück zur Nutzung als Lagerplatz zur Verfügung. Beide Leistungen sind wertgleich. Über die gegenseitige Nutzung wurde ein Vertrag abgeschlossen.

In diesem Fall kann von einem Vorteilsausgleich ausgegangen werden. Wären die Leistungen nicht wertgleich, müsste ein entsprechender Ausgleich bezahlt werden.

1.2 Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG

Ob eine Vermögensminderung/verhinderte Vermögensmehrung zu einer Einkommenskorrektur führt, hängt davon ab, ob eine Minderung des steuerlichen Gewinns[1] eingetreten ist.

Eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 KStG ist nur dann vorzunehmen, wenn sich der Sachverhalt gewinnmindernd ausgewirkt hat. Die Korrektur kann nur das erfassen, was vorher zu einer Steuerminderung geführt hat. Die Zuwendung an einen Gesellschafter ohne Auswirkung auf den bilanziellen Gewinn führt nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

 
Wichtig

Einkommenskorrektur

Die Frage der Einkommenskorrektur ist unabhängig von der Frage einer sonstigen Ausschüttung zu prüfen. Eine Leistung i. S. d. § 27 KStG sowie eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG können unabhängig davon vorliegen.

 
Praxis-Beispiel

Keine Einkommenskorrektur mangels Gewinnauswirkung

Gesellschafter-Geschäftsführer A meldet ein bisher der A-GmbH gehörendes Fahrzeug auf seinen Namen um und nutzt dieses Fahrzeug nur noch für seine privaten Zwecke. Die GmbH bucht den Restbuchwert über das Kapitalkonto aus. Der Restbuchwert entspricht dem gemeinen Wert des Fahrzeugs.

Eine Einkommenszurechnung als verdeckte Gewinnausschüttung i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nicht vorzunehmen, da durch den Sachverhalt keine Gewinnauswirkung bei der GmbH eingetreten ist. Die Ausschüttung ist jedoch nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG einkommensteuerpflichtig.

1.3 Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis

Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist das zentrale Tatbestandsmerkmal der verdeckten Gewinnausschüttung. Es dient der Abgrenzung der Einkommenserzielung von der Einkommensverwendung.

Für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist zu prüfen, auf welcher Rechtsgrundlage die eingetretene Vermögensminderung der Körperschaft beruht. Vermögensminderungen durch einen schuldrechtlichen Vertrag, wie z. B. einen Dienst-, Werk-, Darlehens- oder Mietvertrag, führen nicht zwangsläufig zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Erst wenn die Vermögensminderung auf das Gesellschaftsverhältnis zwischen Körperschaft und Gesellschafter zurückzuführen ist, handelt es sich i. d. R. um eine verdeckte Gewinnausschüttung. Bei der Veranlassungsprüfung wird allerdings nicht auf die förmliche Bezeichnung der Gestaltung abgestellt, sondern auf den wirtschaftlichen Hintergrund.

Die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist dann gegeben, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter[1] die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte, sog. Fremdvergleich.[2]

Als weiterer Aspekt des Fremdvergleichs ist die Ernsthaftigkeit der Verpflichtung zu berücksichtigen. Auf der Grundlage dieses erweiterten und vollständigen Fremdvergleichs ist auch die Einbeziehung des Vertragspartners erforderlich.[3] Auch wenn ein Dritter einer...

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