5.1 Handelsbilanz

Verbindlichkeiten sind grundsätzlich einzeln zu bewerten. Handelsrechtlich sind Verbindlichkeiten mit ihrem Erfüllungsbetrag zu bewerten. Dieser entspricht bei Geldverbindlichkeiten dem Nennwert. Auf Sach- und Dienstleistungsverpflichtungen gerichtete Verbindlichkeiten sind mit dem Betrag zu passivieren, der den zur Leistung erforderlichen Aufwendungen (Vollkosten) entspricht.

Für die Folgebewertung von Verbindlichkeiten gilt das Höchstwertprinzip, sodass bei Erhöhung der Verbindlichkeit (bei der Sachleistungsverpflichtung aufgrund von Kostensteigerung) diese den Zugangswert verdrängt.

Nicht ausdrücklich im Gesetz geklärt ist, wie zu verfahren ist, wenn der Stichtagswert der Schuld nach einer Zuschreibung sinkt.

Fremdwährungsverbindlichkeiten werden ebenfalls mit dem Rückzahlungsbetrag (Devisenkassamittelkurs) bewertet.[1] Für die Bilanzierung und Bewertung sich ändernder Rückzahlungsbeträge aufgrund schwankender Devisenkurse gilt Folgendes:

  • Ist der Währungskurs am Bilanzstichtag gestiegen, muss der höhere Rückzahlungsbetrag passiviert werden.
  • Ist der Währungskurs am Bilanzstichtag gefallen, darf die Währungsverbindlichkeit nicht mit dem niedrigeren Betrag passiviert werden.

Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von unter einem Jahr finden sowohl das Anschaffungskostenprinzip (§ 253 Abs. 1 S. 1 HGB) als auch das Realisations- und Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz. 2 HGB) keine Anwendung.[2]

Seit BilMoG besteht ein handelsrechtliches Abschreibungswahlrecht bei vorübergehender Wertminderung von Finanzanlagen. Dieses Wahlrecht findet steuerlich keine Anwendung.

 
Achtung

Berücksichtigung künftiger Wertverhältnisse

Nach BilMoG sind in der Handelsbilanz zukünftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Hierfür ist erforderlich, dass am Abschlussstichtag bereits ausreichende objektive Hinweise für den Eintritt künftiger Preis- und Kostensteigerungen vorliegen.

5.2 Steuerbilanz

Die handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze gelten auch für die Steuerbilanz, soweit das Steuerrecht keine eigenständigen Bewertungsvorschriften enthält. Steuerrechtlich gilt das sog. Anschaffungskostenprinzip, d. h. sie sind mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen (= vereinbarter Wert der Gegenleistung).[1]

Bei Verbindlichkeiten spricht man i. d. R. auch vom Nennbetrag oder Rückzahlungsbetrag. Dieser stellt gleichzeitig auch die Bewertungsuntergrenze dar. Bei der Bewertung von Verbindlichkeiten ist das Höchstwertprinzip zu beachten (= striktes Wertaufholungsgebot). Steigt der Kurs einer Verbindlichkeit dauerhaft, ist eine Zuschreibung auf den höheren Teilwert vorzunehmen.[2] Ein niedrigerer Teilwert darf nicht ausgewiesen werden, weil dann nicht realisierte Gewinne entstehen würden, deren Ausweis nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht zulässig ist.

Sofern Unternehmer eine Verbindlichkeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllen müssen, z. B. Verjährung nach §§ 195 ff. BGB, ist sie mit 0 EUR zu bewerten. Die Verbindlichkeit ist Gewinn erhöhend auszubuchen.

Rentenverbindlichkeiten haben keinen Nennwert. Maßgebend für ihre Bewertung ist der Rentenbarwert.

Es besteht insbesondere keine Bindung des handelsrechtlichen Wertansatzes für die Steuerbilanz, wenn in der Handelsbilanz fehlerhafte Werte angesetzt wurden.

[2] BFH, Urteil v. 2.7.2021, XI R 29/18, BFH/NV 2021 S. 1563: Teilwertzuschreibung bei einer Fremdwährungsverbindlichkeit mit einer Restlaufzeit von mehr als 10 Jahren aufgrund von Stützungskäufen einer Notenbank; BFH, Urteil v. 10.6.2021, IV R 18/18, BFH/NV 2021 S. 1555: Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten bei fundamentaler Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten; s. Tz. 5.3.3.

5.3 Steuerrechtliche Besonderheiten

5.3.1 Abzinsungsgebot bis 31.12.2022

Verbindlichkeiten in der Bilanz sind grundsätzlich mit 5,5 % p. a. für jedes Jahr der Restlaufzeit der Verbindlichkeit abzuzinsen.[1] Dies gilt auch für Gesellschafterdarlehen an die GmbH. Gegebenenfalls muss dann die Restlaufzeit geschätzt werden.[2]

Wird ein bisher bedingt verzinstes Darlehen ohne Bedingungseintritt in ein die Restlaufzeit umfassendes unbedingt verzinstes Darlehen mit einem Zinssatz, der dem effektiven Zinssatz eines bei einer Landesbank refinanzierten Darlehens entspricht, umgewandelt, so liegt auch dann ein verzinsliches Darlehen i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG vor, wenn die Verzinsungsabrede zwar vor dem Bilanzstichtag erfolgte, der Zinslauf aber erst danach begann.[3]

Unverzinsliche (betriebliche) Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbstständigen oder Land- und Forstwirt gewährt, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen, wenn der Darlehensvertrag unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich anzuerkennen ist.[4]

Der BFH muss klären, ob eine unverzinsliche und damit gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG abzuzinsende Verbindlichkeit vorliegt, wenn hinsichtlich der Verbindlichkeit eine bedingte Zinsvereinbarung besteht, aber die ...

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