OFD München, Verfügung v. 15.10.2004, S 2241 - 55 St 41/42

Zu den nachfolgenden Fragen im Bereich der Venture Capital und Private Equity Fonds wird im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder folgende Auffassung vertreten:

 

1. Erteilung verbindlicher Auskünfte

Verbindliche Auskünfte können nach den allgemeinen Grundsätzen wieder erteilt werden. Voraussetzung ist das Vorliegen eines besonderen steuerlichen Interesses. Ein besonderes steuerliches Interesse für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist nur bei Fragestellungen gegeben, die nicht bereits durch das BMF-Schreiben vom 16.12.2003 geklärt worden sind.

Soweit bisher umfassende, alle Punkte des BMF-Schreibens vom 16.12.2003 ansprechende Anträge auf verbindliche Auskunft gestellt worden sind, ist die Auskunft auf echte Zweifelsfragen zu beschränken.

 

2. Zweifelsfragen

 

2.1 Haltedauer (Tz. 14 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003)

Für die Ermittlung der „gewogenen durchschnittlichen Haltedauer, bezogen auf das gesamte Beteiligungskapital” ist ausschließlich auf das Nominalkapital der jeweiligen Beteiligung abzustellen. Auf die detaillierte Entwicklung des Beteiligungskapitals unter Einbeziehung von Kapitalrücklagen, Gewinnmehrungen usw. kommt es daher nicht an. Der Begriff des „gesamten Beteiligungskapitals” ist im formalen Sinn zu verstehen. D.h., dass Darlehen, Mantel- und Optionsschuldverschreibung, typische stille Gesellschaften und Anteilsoptionen nicht zum Beteiligungskapital in diesem Sinne gehören, selbst wenn sie in einer Krise Eigenkapital ersetzenden Charakter hätten.

Soweit von Wagniskapitalgesellschaften den einzelnen Portfolio-Gesellschaften über mehrere Finanzierungsrunden verteilt Kapital zur Verfügung gestellt wird, ist für die Berechnung der Haltedauer vom kumulierten Kapital ohne Berücksichtigung der einzelnen Zahlungszeitpunkte auszugehen. Als Beginn der Haltedauer ist auch bei mehreren Beteiligungserwerben aufgrund aufeinander folgender Finanzierungsrunden insgesamt vom Zeitpunkt des ersten Beteiligungserwerbes auszugehen. Für die Frage des Endes der Haltedauer ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Fonds seine Beteiligung im Wesentlichen veräußert hat. Hiervon ist auszugehen, wenn der Fonds mehr als 90 % der gesamten erworbenen Anteile an einer Portfolio-Gesellschaft veräußert oder übertragen hat.

 

2.2 Unschädliche Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen (Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003)

Die unschädliche „Wahrnehmung von Aufsichtsratfunktionen in den gesellschaftsrechtlichen Gremien der Portfolio-Gesellschaft” soll sich unabhängig von der Rechtsform und der Ansässigkeit der Portfolio-Gesellschaften nach dem gesetzlichen Leitbild des Aufsichtsrats einer deutschen Aktiengesellschaft bestimmen soll. D.h., auf andere Gesellschaftsformen (z.B. GmbH) und ausländische Portfolio-Gesellschaften werden die Grundsätze, die für den Aufsichtsrat einer deutschen Aktiengesellschaft gelten, übertragen.

Die Mitgliedschaft in einem Gremium einer ausländischen Portfolio-Gesellschaft mit geschäftsleitender Funktion, dessen Zuständigkeiten und Kompetenzen die eines Aufsichtsrats nach deutschem Aktienrecht überschreiten, ist im Sinne der Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 16.12.2003 als schädliches unternehmerisches Tätigwerden zu werten, wenn eine nach dem maßgeblichen ausländischen Recht wirksame Beschränkung des Tätigkeitsumfangs des Fondsvertreters im besagten geschäftsleitenden Gremium nicht möglich oder zulässig ist. Das Vorliegen und die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung ist vom Fonds auf Verlangen dem FA gegenüber nachzuweisen.

 

2.3 Übergangsregelung/Vertrauensschutz

Ein Wagniskapitalfonds kann nicht durch die Verlegung des Sitzes der Fondsverwaltung in ein anderes Bundesland (mit einer konkret feststellbaren für den Fonds günstigeren Verwaltungspraxis) in den Genuss der Übergangsregelung kommen, wenn die Voraussetzungen für die Anwendung nicht bereits schon im bisherigen Sitzland (dort keine feststellbare günstigere Verwaltungspraxis) gegeben war.

Aus FinMin Bayern vom 10.9.2004, S 2241 – 101 – 39 042/04

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

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