Rz. 474

Überblick über die BFH-Rechtsprechung

Innerhalb einer KG können sowohl durch Entnahmen der Gesellschafter als auch durch eintretende Verluste negative Kapitalkonten entstehen. Entsprechende Konten sind getrennt zu führen, da im Fall von Entnahmen die persönliche Haftung des Kommanditisten insoweit wieder auflebt und ein Forderungsanspruch der GmbH & Co. KG gegenüber dem Kommanditisten besteht. Negative Kapitalkonten infolge von Verlusten begründen keine persönliche Haftung des Kommanditisten.

Im Rahmen der Handelsbilanz ist es zulässig, einem Kommanditisten über die Summe seiner Hafteinlage hinaus Verluste zuzuweisen. Zwar hat der BFH mit Grundsatzurteil v. 13.3.1964[1] das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten auch für das Steuerrecht anerkannt. Allerdings bewirkt die danach eingefügte gesetzliche Regelung des § 15a EStG, dass eine steuerliche Berücksichtigung dieser Verluste stark eingeschränkt ist.

Mit Beschluss vom 10.11.1980[2] hat der Große Senat des BFH in einer Grundsatzentscheidung zu der Frage, wie das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten einkommensteuerrechtlich zu behandeln sei, wie folgt Stellung genommen:

  • Einem Kommanditisten ist ein Verlustanteil, der nach dem allgemeinen Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel der KG auf ihn entfällt, einkommensteuerrechtlich auch insoweit zuzurechnen, als er in einer den einkommensteuerrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften entsprechenden Bilanz der KG zu einem negativen Kapitalkonto des Kommanditisten führen würde. Auch einem Kommanditisten, der seinen Kommanditanteil am Ende eines Wirtschaftsjahres entgeltlich veräußert, ist sein vertraglicher Anteil an dem Verlust, den die KG vom Beginn des Wirtschaftsjahres bis zum Zeitpunkt der Veräußerung erlitten hat, grundsätzlich noch insoweit zuzurechnen, als dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht, sofern der Erwerber das negative Kapitalkonto übernimmt.[3] Dies gilt jedoch nicht, soweit bei Aufstellung der Bilanz nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt. Bei dieser Sachlage können dem Kommanditisten Verlustanteile, die zur Entstehung oder Erhöhung eines negativen Kapitalkontos führen, nicht mehr zugerechnet werden.[4]
  • Beim Wegfall eines durch einkommensteuerrechtliche Verlustzurechnung entstandenen negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten ergibt sich in Höhe dieses negativen Kapitalkontos ein steuerpflichtiger Gewinn des Kommanditisten.
  • Dieser Gewinn entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem der Betrieb der KG veräußert oder aufgegeben wird (§ 16 EStG). Der Gewinn ist ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn (§§ 16, 34 EStG). Soweit jedoch schon früher feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten mit künftigen Gewinnanteilen des Kommanditisten nicht mehr in Betracht kommt, ist dieser Zeitpunkt maßgebend. Dieser Gewinn ist ein laufender Gewinn.
 

Rz. 475

Grenzen der Verlustzuweisungen

Steht also bei der Aufstellung der Bilanz nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag fest, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt, so fällt das negative Kapitalkonto eines Kommanditisten weg.[5]

Ob eine spätere Gewinnverrechnung noch zu erwarten ist, bestimmt sich ausschließlich nach den Verhältnissen des jeweiligen Bilanzstichtages und unabhängig davon, ob und wann der Steuerpflichtige eine Bilanz aufgestellt hat. Die Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ist nicht erforderlich. Die fehlende Verrechnungsmöglichkeit kann sich auch zu einem früheren Zeitpunkt und gegebenenfalls schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzeichnen.[6]

Die Anwendung des handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssels steht also unter dem Vorbehalt besonderer einkommensteuerrechtlicher Bestimmungen. Hierunter fallen nicht nur (1) die Nichtanerkennung rückbezüglicher Gewinnverteilungsabreden, (2) das Verbot der Abziehbarkeit privater Zuwendungen (§ 12 Nr. 2 EStG), so dass Gewinnabreden, die durch außerbetriebliche Erwägungen beeinflusst sein können, einer Angemessenheitsprüfung unterliegen, sowie (3) der Grundsatz, dass das Steuerrecht an den wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhalts anknüpft und damit im Fall eines negativen Kapitalkontos dem Kommanditisten dann nicht zugerechnet werden können, wenn am Bilanzstichtag feststeht, dass ein Ausgleich mit zukünftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt, sondern auch Wertverluste von Wirtschaftsgütern, die der Erzielung der Überschusseinkünfte dienen; sie können nicht über die Gewinn- und Verlustverteilung, sondern nur im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über die AfA berücksichtigt werden. Wird daher z. B. ein Darlehen, das ein Nichtgesellschafter einer GmbH & Co. KG gewährt hat, in eine atypische stille Beteiligung umgewandelt, so können dem stillen Gesellschafter ertragsteuerliche Verluste nur in Höhe des gemeinen Werts d...

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