Rz. 425

In dem Grundsatzurteil v. 17.3.1966,[1] dem sog. "Gepräge"-Urteil, traf der BFH die Feststellung, dass die Tätigkeit einer GmbH & Co. KG stets sogar bei reiner Vermögensverwaltung einen Gewerbebetrieb darstelle, wenn die geschäftsführende GmbH der alleinige Gesellschafter ist.

Diese jahrzehntelange Rechtsauffassung hat der Große Senat des BFH mit Beschluss v. 25.6.1984[2] aufgegeben. Er führte u. a. aus: "Bei einer GmbH & Co. KG, deren alleiniger persönlich haftender und geschäftsführender Gesellschafter eine GmbH ist, sind nicht allein wegen dieser Rechtsform alle Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 3 EStG mit Wirkung für alle Gesellschafter (Mitunternehmer) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren (Aufgabe der Gepräge-Rechtsprechung)".

Durch den durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 v. 19.12.1985[3] neu gefassten § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG wurde die vom Großen Senat des BFH aufgegebene BFH-Geprägerechtsprechung wieder gesetzlich verankert, und zwar (rückwirkend) auch für Veranlagungszeiträume vor 1986. Die Tätigkeit einer Gesellschaft gilt von dem Zeitpunkt an, in dem erstmals die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 EStG erfüllt waren, als Gewerbebetrieb. Der BFH hat bestätigt, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die sog. Geprägetheorie rückwirkend wieder eingeführt hat.[4]

 

Rz. 426

§ 15 Abs. 3 EStG lautet:

„Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit

  1. einer offenen Handelsgesellschaft, einer KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i. S. d. Satz 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte i. S. d. Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht,
  2. einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i. S. d. Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.”

Die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG trifft im Wesentlichen Grundstücksverwaltungsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, bei denen ausschließlich eine GmbH-Komplementärin zur Geschäftsführung berufen ist. Als Folge der gewerblich geprägten Tätigkeit ergibt sich, dass diese Grundstücksverwaltungsgesellschaften nicht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern gewerbliche Einkünfte, die auch der Gewerbesteuer unterliegen, erzielen. Auch wenn die gewerblich geprägte Personengesellschaft ihren Betrieb als Ganzes verpachtet, erzielt sie gewerbesteuerpflichtige Einkünfte.[5]

Fazit:

Die "gewerbliche Prägung" ist in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG verankert. Satz 1 dieser Vorschrift bezieht sich auf den Grundfall der gewerblich geprägten Personengesellschaft; Satz 2 betrifft die doppel- und mehrstöckige GmbH & Co. KG.

Die Personengesellschaft muss persönlich haftende Gesellschafter haben; diese müssen ausschließlich Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH oder auch Vor-GmbH) sein.

Durch Übertragung der (Mit)Geschäftsführung auf einen Kommanditisten, auch eine Kommanditgesellschaft, lässt sich die gewerbliche Prägung der GmbH & Co. KG also vermeiden.

Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung fallen nicht unter § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, da es an Gesamthandsvermögen mangelt. Ein atypisch Stiller hat gewerbliche Einkünfte, wenn er Geschäftsinhaber einer Kapitalgesellschaft ist oder eine atypisch stille Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft vorliegt.

 

Rz. 427

Vorstehende Ausführungen zeigen, dass schon eine (geschäftsführende) Kapitalgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft das Gepräge als Gewerbebetrieb geben kann; diese Rechtsfolge muss daher erst recht dann gelten, wenn alle ihre Gesellschafter persönlich haftende Kapitalgesellschaften sind. Eine ausschließlich aus Kapitalgesellschaften bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.[6]

Für die gewerblich geprägte Personengesellschaft reicht es nicht aus, dass der einzige persönlich haftende und zur Vertretung befugte Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist; hinzukommen muss, dass die Kapitalgesellschaft allein die Befugnis zur Geschäftsführung hat.

Die Mitgeschäftsführungsbefugnisse eines Gesellschafters, der eine natürliche Person ist, schließt also die gewerbliche Prägung der Personengesellschaft aus, und zwar auch dann, wenn dieser Gesellschafter keine Vertretungsmacht besitzt. Dabei deckt sich der Begriff der "Geschäftsführungsbefugnis" i. S. d. § 15 Abs. 3 EStG mit dem entsprechenden Begriff des Gesellschaftsr...

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