Rz. 704

 

Kernbereiche müssen unangetastet bleiben

Die Geschäftsführungsbefugnis liegt nicht zwingend bei den Geschäftsführern, sie kann, anders als die Vertretungsbefugnis,[1] auf andere Stellen übertragen werden, sofern die Kernbereiche der eigentlichen Geschäftsführertätigkeit, insbesondere gesetzlich normierte Pflichten bezüglich des Handelsregisters sowie sonstige Pflichten, die den Geschäftsführer gegenüber der Öffentlichkeit treffen, nicht angetastet werden.[2]

So ist es zunächst aufgrund der Allzuständigkeit der Gesellschafter möglich, dass sie konkrete Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführungstätigkeit durch Gesellschafterbeschluss zur Entscheidung oder Ausführung an sich ziehen.[3] Auf diesem Weg können die Gesellschafter beispielsweise die Kompetenzen zur Durchführung eines konkreten Projektes derart an sich ziehen, dass die Vertragsverhandlungen von ihnen – oder einem von ihnen – selbst durchgeführt werden und sie darüber entscheiden, ob das Projekt (und der dazu verhandelte Vertrag) auf der Grundlage des erzielten Verhandlungsergebnisses durchgeführt wird oder nicht; der tatsächliche Abschluss des verhandelten Vertrags muss (und kann nur) im Wege einer Vertretung durch den Geschäftsführer erfolgen, denn nur dieser kann die GmbH wirksam nach außen vertreten.[4] Zur Durchsetzung des Vertragsabschlusses durch die Geschäftsführung können die Gesellschafter dann wiederum von ihrem allgemeinen Weisungsrecht gem. § 37 Abs. 1 GmbHG Gebrauch machen.

 

Rz. 705

Außerdem kann die Geschäftsführungsbefugnis in dem in vorstehender Randziffer umschriebenen Rahmen (Ausnahme: Kernbereiche der eigentlichen Geschäftsführertätigkeit) auf Dritte übertragen werden. Dies kann durch Gesellschafterbeschluss oder durch Satzungsänderung erfolgen, wobei eine Satzungsänderung jedenfalls dann zwingend notwendig ist, wenn die Geschäftsführungsbefugnis solchen Dritten übertragen werden soll, die bisher keine Organfunktion der GmbH innehaben, oder aber die Geschäftsführungsbefugnis in der Satzung ausdrücklich den Geschäftsführern vorbehalten ist.[5]

[1] Näher Rn. 725 und 728.
[2] Oetker, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, GmbHG, § 37 Rn. 9.
[3] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, § 37 Rn. 6; Wisskirchen/Kuhn, in BeckOK-GmbHG, § 37 Rn. 3.
[4] Stephan/Tieves, in MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 69.
[5] Entgegen einer anderen Auffassung, vgl. Diekmann, in MüHaGesR, Bd. 3, § 44 Rn. 63 f., ist von einem generellen Erfordernis einer Gesellschaftsvertragsänderung zum Schutz Dritter und neu eintretender Gesellschafter abzusehen, denn auch generelle Weisungen und Zustimmungsvorbehalte sind nicht in dem Gesellschaftsvertrag zu verankern; Stephan/Tieves, in MüKo-GmbHG, § 37 Rn. 72 f. m. w. N.

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