Rz. 750

Grundsätzlich liegt die Kompetenz zur Abberufung eines Geschäftsführers in der mitbestimmungsfreien GmbH und der dem DrittelbG unterliegenden GmbH (zur mitbestimmten GmbH s. Rn. 1044) bei der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5, 2. Alt. GmbHG), sodass dort die Abberufung regelmäßig durch Gesellschafterbeschluss erfolgen wird. Im Fall einer Abberufung aus wichtigem Grund muss ein statutarisches Mehrheitserfordernis, das über die einfache Mehrheit hinausgeht, nicht eingehalten werden.[1] Handelt es sich bei dem abzuberufenden Geschäftsführer um einen Gesellschafter-Geschäftsführer, so ist dieser (nur) dann gem. § 47 Abs. 4 GmbHG vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn es sich um eine Abberufung aus wichtigem Grund handelt. Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Abstimmung über seine Abberufung aus wichtigem Grund einem Stimmverbot unterliegt bzw. unter welchen Voraussetzungen der Versammlungsleiter ein Stimmverbot anzunehmen hat: Teilweise wird vertreten, dass in jedem Fall, in dem über eine Abberufung aus wichtigem Grund zu beschließen ist, der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer einem Stimmverbot unterliegt. Andere verlangen weitergehend, dass ein wichtiger Grund substantiiert und schlüssig oder nachvollziehbar behauptet wird. Wieder andere nehmen ein Stimmverbot nur an, wenn ein wichtiger Grund objektiv vorliegt, und verlangen eine materielle Prüfung des wichtigen Grundes durch den Versammlungsleiter.[2] In seiner Entscheidung v. 4.4.2017 (II ZR 77/16)[3] entschied der BGH den Meinungsstreit dahin, dass "bei der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, die die Abberufung oder die Kündigung des Anstellungsvertrags eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH aus wichtigem Grund betreffen, … darauf abzustellen (ist), ob tatsächlich ein wichtiger Grund im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlag oder nicht." Daraus folgt, dass der Versammlungsleiter (und auch der die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers betreibende andere Gesellschafter) weder das Recht noch die Pflicht hat, zu prüfen, ob der abzuberufende Gesellschafter-Geschäftsführer einem Stimmverbot unterliegt oder nicht. Diese Frage ist vielmehr durch das Gericht zu entscheiden, wenn es über die Wirksamkeit der Abberufung zu einem Rechtsstreit kommt.

 

Mitstimmen bei Abberufung

Vor dem Hintergrund dieses BGH-Urteils ist jedem Gesellschafter-Geschäftsführer zu empfehlen, bei der Abstimmung über seine Abberufung aus (angeblich) wichtigem Grund mitzustimmen. Bei der gerichtlichen Überprüfung des Abberufungsbeschlusses zählt seine Stimme, wenn nach Auffassung des Gerichts tatsächlich kein wichtiger Grund vorlag; die anderen Gesellschafter können dann nicht dahin argumentieren, da er nicht mitgestimmt habe, sei er auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes mit der Mehrheit der Stimmen abberufen worden. Liegt ein wichtiger Grund vor, werden für das Beschlussergebnis seine Stimmen nicht mitgezählt.[4]

 

Rz. 751

Die Abberufungskompetenz der Gesellschafter unterliegt jedoch wiederum deren Disposition, vgl. § 45 Abs. 2 GmbHG, und kann somit – ebenso wie die Zuständigkeit für die Bestellung der Geschäftsführer – statutarisch einem anderen Organ (z. B. einem fakultativen Aufsichtsrat oder Beirat) oder einem einzelnen Gesellschafter übertragen werden.[5] Wurde einem anderen Organ die Zuständigkeit zur Bestellung der Geschäftsführer übertragen, so ist im Zweifel ebenfalls anzunehmen, dass dieses Organ auch zur Abberufung der Geschäftsführer befugt ist (Annexkompetenz).[6]

 

Rz. 752

Auch wenn das Abberufungsrecht auf ein anders Organ übertragen wurde, so muss der Gesellschafterversammlung zwingend zumindest die Möglichkeit verbleiben, Geschäftsführer aus wichtigem Grund abzuberufen oder jedenfalls auf die Beschlussfassung des dazu befugten Organs Einfluss zu haben; ist dies nicht der Fall, so können die Gesellschafter dennoch eine Abberufung aus wichtigem Grund vornehmen.[7]

 

Rz. 753

Wie die Bestellung wird auch die Abberufung als empfangsbedürftige Willenserklärung erst wirksam, wenn sie dem betreffenden Geschäftsführungsmitglied mitgeteilt wird, ihm also zugegangen ist.[8] Zur Übermittlung der Erklärung darf sich das entsprechende Organ eines Boten oder eines Vertreters bedienen.[9] Für den Fall der Vertretung ist allerdings zu beachten, dass § 174 BGB Anwendung findet und zusätzlich zu dem Abberufungsbeschluss eine schriftliche Vollmacht des abberufenden Organs für den Fall erteilt werden sollte, dass der Erklärungsempfänger die Erklärung dann, wenn die Bevollmächtigung nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wird, zurückweist. In mitbestimmten Gesellschaften mbH ist § 31 MitbestG zu beachten (vgl. Rn. 1044).

 

Beispiel für einen Gesellschafterbeschluss über die Abberufung eines Geschäftsführungsmitglieds:

Muster V, 3.

 

Rz. 754

Wurde die Geschäftsführerstellung als mitgliedschaftliches Sonderrecht einem Gesellschafter eingeräumt, so ist zu dessen Abberufung ein wichtiger Grund oder...

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