Leitsatz

1. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.

2. Preisnachlässe, die dem Abnehmer von Reiseleistungen vom Reisebüro für eine von ihm lediglich vermittelte Reise gewährt werden, mindern die Bemessungsgrundlage des Umsatzes der vom Reisebüro dem Reiseveranstalter gegenüber erbrachten Vermittlungsleistung.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1, § 14 Abs. 2, § 17 Abs. 1 UStG, Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a, Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Ein Reisebüro (Klägerin) vermittelte (also keine Reiseleistung i.S.d. § 25 UStG!) gegen Provision (10 %) den Kunden Reisen. Der Kunde zahlte entweder direkt in dem Reisebüro oder unmittelbar an den jeweiligen Reiseveranstalter (Direktinkasso). Die Klägerin gewährte ihren Kunden – auf eigene Rechnung – z.T. Preisnachlässe von 3 % des Reisepreises. In den Fällen des Direktinkassos zahlten die Mitarbeiter der Klägerin den Kunden den Preisnachlass gegen Vorlage der von dem Reiseveranstalter zugesandten Reiseunterlagen in bar aus oder erteilten hierüber eine Gutschrift. Entsprechend kürzte sie die Bemessungsgrundlage für ihre Umsätze.

Das FA hielt das für unzulässig. Die Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen keinen Erfolg. Die Klägerin als Reisebüro war mit ihren Vermittlungsleistungen als erster Unternehmer in der Kette von Dienstleistungen anzusehen, die letztlich als Einheit beim Endverbraucher (Reisekunden) ankamen. Der BFH geht ausdrücklich davon aus, dass die Kunden Endverbraucher waren. Bei der Entscheidung des EuGH ergibt sich das nur aus dem Kontext; die Argumentation des EuGH ist nur stimmig, wenn derjenige, dem der Preisnachlass zugute kommt, kein Unternehmer mit Vorsteuerabzugsrecht ist.

 

Hinweis

1. Zur Auslegung des § 17 UStG sind Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a und Teil C Abs. 1 der 6. EG-RL und die dazu ergangene Rechtsprechung des EuGH heranzuziehen. Nach Art. 11 Teil C Abs. 1 wird "im Fall ... des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert". Nach den EuGH-Urteilen vom 15.10.2002, Rs. C-427/98, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland (BFH-PR 2003, 187) und vom 24.10.1996, Rs. C-317/94, Elida Gibbs (BStBl II 2004, 324) ist das Umsatzsteuersystem darauf angelegt, dass nur der Endverbraucher wirtschaftlich mit der USt belastet wird.

Für Unternehmer, die auf den Produktions- und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sind, muss die Umsatzbesteuerung neutral sein. Deshalb darf dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von der Herstellung bis zum Endverbrauch nur der Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher letztlich wirtschaftlich aufwendet (Rs. C-427/98 Rd.Nr. 53).

Der EuGH hat es deshalb nicht für erforderlich gehalten, dass ein Preisnachlass oder eine Preiserstattung (ggf. über einen "Gutschein") in der unmittelbaren Leistungsbeziehung gewährt werden muss, um sich Entgelt mindernd auszuwirken; auch der vom Hersteller direkt an den Endverbraucher gewährte Preisnachlass mindert die Bemessungsgrundlage für die USt des Herstellers für seinen Umsatz an seinen unmittelbaren Abnehmer (Zwischenhändler), ohne dass sich dadurch der Vorsteuerabzug des Abnehmers ändert oder die vom Hersteller an seinen Abnehmer erteilte Rechnung unrichtig wird (Elida Gibbs Rd.Nr. 33; Rs. C-427/98 Rd.Nr. 41). Wenn also ein an der Leistungserstellung beteiligter Unternehmer dem Endverbraucher unmittelbar Preisnachlässe gewährt, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den von ihm erbrachten Umsatz.

2. Das "Entgelt" i.S.d. § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG vermindert sich auch um solche Preisnachlässe, die ein in der Leistungskette beteiligter Unternehmer direkt dem Endverbraucher gewährt; denn die Umsatzsteuer darf – als Endverbrauchersteuer – nicht höher sein als der in dem Gesamtbetrag enthaltene Umsatzsteuerbetrag, den der Endverbraucher letztlich aufwendet.

3. Erstattet der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endverbraucher einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Der erste Unternehmer hat deshalb den für seinen Umsatz geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.1.2006, V R 3/04

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