Leitsatz

Ob der Anspruchsberechtigte durch längere Abwesenheit gehindert ist, den Antrag auf Investitionszulage eigenhändig zu unterschreiben, und deshalb die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten zulässig ist, bestimmt sich nach den Umständen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Antragsfrist.

 

Normenkette

§ 79 AO , § 150 Abs. 3 AO , § 6 Abs. 1 InvZulG 1996 , § 3 InvZulG 1996 , § 7 Abs. 1 InvZulG 1996 , § 6 GmbHG , § 35 GmbHG , § 37 GmbHG , § 125 HGB , § 161 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Der einzige Geschäftsführer Z der – die Geschäfte der Klägerin führenden – Komplementär-GmbH wurde zum 31.12.1997 von den Gesellschaftern von seinen Pflichten als Geschäftsführer entbunden und sein Dienstvertrag mit der GmbH aufgelöst. Ein neuer Geschäftsführer wurde erst in der Gesellschafterversammlung vom 21.9.1998 bestellt. Gleichzeitig wurde Z auch formell als Geschäftsführer abberufen.

Die Klägerin reichte beim FA am 17.7.1998 einen Investitionszulagenantrag für das Kalenderjahr 1997 ein, den der Prokurist der GmbH unterschrieben hatte. Das FA lehnte die Gewährung der beantragten Investitionszulage mit der Begründung ab, der Antrag sei nicht formwirksam gestellt worden. Das FG gab der Klage statt. Die Revision führte zur Klagabweisung.

 

Entscheidung

Die Klägerein habe innerhalb der Antragsfrist keinen formgerechten Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage gestellt, denn innerhalb der Frist sei kein vom gesetzlichen Vertreter eigenhändig unterzeichneter Antrag eingegangen. Der vom Prokuristen unterschriebene Antrag genüge nicht, da dieser nicht für die GmbH habe handeln können, und zwar auch dann nicht, wenn alle Gesellschafter ihn zur Unterschrift bevollmächtigt hätten.

Es liege auch kein Fall vor, in dem ausnahmsweise auf die eigenhändige Unterschrift des gesetzlichen Vertreters verzichtet werden könne. Zwar sei die GmbH über Monate hinweg ohne Geschäftsführer gewesen, dieses Hindernis sei aber vor Ablauf der Frist behoben worden. Der neue Geschäftsführer habe ausreichend Zeit gehabt, den Investitionszulagenantrag noch eigenhändig zu unterschreiben oder den Antrag des Prokuristen zu genehmigen, was jedoch nicht geschehen sei.

Die GmbH könne sich auch nicht darauf berufen, ihr sei es nicht möglich gewesen, durch organisatorische Maßnahmen, die Unterschrift durch einen Geschäftsführer zu gewährleisten. Denn es bestehe eine gesetzliche Pflicht der Gesellschaft, für handlungsfähige Organe der GmbH zu sorgen. Sie müsse daher unverzüglich einen neuen Geschäftsführer bestellen, wenn der alte ausscheide. Sei ihr dies nicht möglich, könne sie beim Amtsgericht einen Notgeschäftsführer beantragen.

 

Hinweis

Nach den früheren Investitionszulagengesetzen muss der Antrag auf Gewährung einer Investitionszulage bis zum 30.9. des Folgejahres gestellt werden. Ein formgültiger Antrag liegt nur bei einer eigenhändigen Unterzeichnung vor. Für eine GmbH handelt der Geschäftsführer als deren gesetzlicher Vertreter. Grundsätzlich ist eine persönliche Unterzeichnung erforderlich, andernfalls ist der Antrag als Verfahrenshandlung unwirksam. Nur in Ausnahmefällen darf ein Bevollmächtigter unterzeichnen, wenn der Steuerpflichtige entweder aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht unterschreiben kann oder wenn er längere Zeit abwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert ist.

Der BFH vertritt in diesem Urteil die Auffassung, dass für die Frage, ob ein Geschäftsführer durch Abwesenheit oder Krankheit an der Unterschrift gehindert ist, auf das Ende der Antragsfrist abzustellen ist. War z.B. der Geschäftsführer im August so schwer erkrankt, dass er den Investitionszulagenantrag nicht unterschreiben konnte, aber im September wieder genesen, liegt keine Hinderung infolge von Krankheit vor.

Im Streitfall war der Geschäftsführer einer GmbH im Dezember abberufen und erst am 21. September des Folgejahres wieder ein neuer Geschäftsführer bestellt worden. Der BFH hat offen gelassen, ob in diesen Fällen überhaupt von einer längeren Abwesenheit auszugehen ist. Denn eine GmbH ist gesetzlich verpflichtet, unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wenn der bisherige endgültig ausfällt. Kann sie zunächst keinen finden, besteht die Möglichkeit, beim Amtsgericht einen Notgeschäftsführer zu bestellen.

Kein Fall längerer Abwesenheit liegt jedenfalls vor, wenn rechtzeitig vor Ablauf der Frist ein neuer Geschäftsführer bestellt wird. Der BFH hält bei einer Bestellung des neuen Geschäftsführers am 21. September die restliche Zeit bis zum Ablauf der Antragsfrist für ausreichend, den Investitionshilfeantrag zu unterschreiben oder den vom Prokuristen Monate zuvor gestellten Antrag gegenüber dem FA zu genehmigen.

Eine GmbH, die über keinen Geschäftsführer verfügt, wird von einem Prokuristen für Zwecke der Investitionszulage auch dann nicht wirksam vertreten, wenn er von sämtlichen Gesellschaftern für die Unterzeichnung des Antrags bevollmächtigt wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.5.2002, III R 27/01

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