Rz. 1

Die ökonomische Realität, in der nahezu kein Raum für ein idealtypisches Unternehmen ist, das vollkommen isoliert in seinem wirtschaftlichen Umfeld handeln kann, zeigt, dass Unternehmen – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Globalisierung – aus den unterschiedlichsten Motiven heraus gemeinsam auf nationalen wie internationalen Märkten agieren. Dabei nimmt die unternehmerische Zusammenarbeit in der Praxis zahlreiche, teils sehr unterschiedliche Formen an. Sie reicht von losen Bindungen wie bspw. stillschweigenden Kooperationen oder Agreements bis hin zur Konzernbildung, Eingliederung oder Verschmelzung von Unternehmen, die jeweils mit einem hohen gegenseitigen Verpflichtungsgrad der beteiligten Parteien einhergehen. Die Wirkung solcher Zusammenschlussformen in rechtlicher sowie ökonomischer Hinsicht spielt vor allem für das einzelne Unternehmen, aber auch für die Gesamtwirtschaft eine bedeutende Rolle.[1] Auf einzelgesellschaftlicher Ebene verdient die sog. Bindungsintensität der einzelnen Zusammenschlussformen eine besondere Aufmerksamkeit. Sie wird als Maßstab dafür verstanden, "in welchem Umfang die Parteien von Zusammenschlüssen ihre wirtschaftliche Selbständigkeit einschränken oder gänzlich aufgeben, bis hin zum Verlust […] der rechtlichen Selbständigkeit".[2]

 

Rz. 2

Die aktienrechtlichen Unternehmensverträge stellen eine Möglichkeit der Zusammenarbeit bzw. des Zusammenschlusses von Akteuren in einer Volkswirtschaft dar. Je nach Form und Ausgestaltung können Unternehmensverträge eine relativ strenge Form des Unternehmenszusammenschlusses mit ausgeprägter Bindungsintensität bilden. So gilt nach § 15 AktG jeder Vertragsteil eines Unternehmensvertrags gemäß den Bestimmungen der §§ 291, 292 AktG als verbundenes Unternehmen.[3]

 

Rz. 3

Die gesetzlichen Regelungen zu den aktienrechtlichen Unternehmensverträgen finden sich in dem Regelungskomplex der §§ 291328 AktG. Dieser Regelungskomplex bildet den besonderen Teil des Konzernrechts und ergänzt die allgemeinen konzernrechtlichen Vorschriften der §§ 1522 AktG. Das Aktienrecht verzichtet jedoch in den genannten Vorschriften auf eine allgemeine Definition des Begriffs "Unternehmensvertrag". Stattdessen führt der Gesetzgeber in den §§ 291 und 292 AktG einen abschließenden Katalog von Vertragsarten auf, die als Unternehmensverträge im aktienrechtlichen Sinne gelten. An den Abschluss eines aktienrechtlichen Unternehmensvertrags knüpft der Gesetzgeber überwiegend zwingende Rechtsfolgen, die dem Schutz der außenstehenden Aktionäre (Minderheitsaktionäre) und der Gläubiger der verpflichteten Gesellschaft sowie der Minderheitsgesellschafter des berechtigten Unternehmens dienen.[4]

[1] Zu den Formen von Unternehmenszusammenschlüssen vgl. Bieg/Kußmaul/Waschbusch, Externes Rechnungswesen in Übungen, 6. Aufl. 2012, S. 191 ff.; Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 8. Aufl. 2020, S. 332 f.
[2] Schubert/Küting, Unternehmenszusammenschlüsse, 1981, S. 3.
[3] Zu den verbundenen Unternehmen nach Handels- und Aktienrecht vgl. ausführlich "Verbundene Unternehmen im Handelsrecht".
[4] Vgl. Peres, in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2020, § 291 AktG S. 1609 f.

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