Es können nun die Fälle auftreten, dass der Erwerber nicht in die Lage versetzt wird, das Unternehmen des Erwerbers fortzuführen (Unternehmenszerschlagung) oder, der wohl in der Praxis häufiger auftretende Fall, der Erwerber das Unternehmen faktisch nicht fortführt. Es liegt dann ausschließlich eine Ansammlung von Einzelübertragungen vor, welche jeweils für sich steuerlich zu betrachten sind; ihre weitere steuerliche Behandlung richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen.

Dies ist z. B. der Fall, wenn eine bisher als Pension genutzte Immobilie veräußert wird und der Erwerber diese künftig als Feriendomizil nutzt.[1]

Konsequenz: Nachbelastung mit Umsatzsteuer

Sofern die Vertragsparteien bei der Veräußerung irrigerweise eine Geschäftsveräußerung im Ganzen angenommen haben und dies nicht über Steuerklauseln erfasst ist, kann den Veräußerer eine massive Nachbelastung mit Umsatzsteuern bzw. Verpflichtung zur Rückzahlung von Vorsteuern (nach § 15a UStG) ohne Möglichkeit eines vertraglichen Rückgriffs auf den Erwerber treffen.

 
Praxis-Beispiel

Fehlende Steuerklauseln

Unternehmer U möchte seine Eisdiele an den Erwerber E veräußern. Zum Unternehmensvermögen zählen ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude, Lieferverträge und die Ladeneinrichtung (Ladentheke, Tische etc.). U und E gehen von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen aus; daher werden im (notariell beurkundeten) Kaufvertrag keine Regelungen zur Umsatzsteuer getroffen und mit Zahlung des vereinbarten Kaufpreises gelten sämtliche Verpflichtungen des E als abgegolten. E wickelt das Eisgeschäft des U unmittelbar nach Erwerb ab und nutzt die Ladenfläche fortan als Showroom für ein Modelabel.

Aufgrund der fehlenden Fortführung der Unternehmenstätigkeit des U durch den E liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Es sind damit jeweils steuerbare, einzelne Lieferungen von U an E gegeben (Grundstück, Ladentheke, Tische). Die Veräußerung des Grundstücks ist, da U und E keine Regelungen zu einer möglichen Option getroffen haben, steuerfrei.[2] Die Veräußerungen der Tische bzw. der Ladentheke sind jeweils steuerpflichtig. U ist damit zur Nachentrichtung von Umsatzsteuer verpflichtet. Da mit der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises sämtliche Verpflichtungen abgegolten sein sollten, ist ein zivilrechtlicher Rückgriff auf E ausgeschlossen. E wiederum steht, gegen Vorlage einer ordnungsgemäßen Rechnung, ein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb der Tische und der Ladentheke zu.[3]

Rückerstattung von Vorsteuern nach § 15a UStG

Neben der Gefahr einer Nachbelastung mit Umsatzsteuern kann der Veräußerer zudem mit einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG konfrontiert werden. Während eine Geschäftsveräußerung keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i. S. d. § 15a UStG darstellt[4], können sich im Falle der einzelnen Veräußerungen der Unternehmensgegenstände nun Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug ergeben. Dies ist insbesondere bei Grundstücken bedeutsam, die mit Vorsteuern belastet sind.

Im Falle einer Geschäftsveräußerung gehen noch laufende Korrekturzeiträume auf den Erwerber über. Die Korrekturpotenziale und auch noch die Länge der verbleibenden Korrekturzeiträume sollte der Erwerber kennen.

 
Praxis-Beispiel

Vorsteuerberichtigung

Unternehmer U hat das Grundstück aus dem vorigen Beispiel exakt 7 Jahre vor der Veräußerung an E mit dem Ladengebäude für seine Eisdiele bebaut. Die abziehbare und abzugsfähige Vorsteuer für diesen Bau betrug 100.000 EUR, die U auch vollständig geltend gemacht hat.

Da die Veräußerung des Grundstücks nunmehr nicht mehr im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfolgt (s. o.), liegt eine steuerbare, aber steuerfreie Grundstückslieferung[5] vor. Eine Regelung über eine Option zur Umsatzsteuerpflicht[6] haben U und E nicht getroffen. Die steuerfreie Veräußerung des Grundstücks führt zu einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse nach § 15a Abs. 8 i. V. m. Abs. 1 UStG. Die Änderung der Verhältnisse tritt auch innerhalb des Berichtigungszeitraums ein (bei Grundstücken 10 Jahre[7]). Die Änderung beträgt 100 Prozentpunkte (vorher: zu 100 % steuerpflichtig; nachher: zu 100 % steuerfrei). U ist daher verpflichtet, die für die letzten 3 Jahre des Berichtigungszeitraums verbleibende Vorsteuer i. H. v. 30.000 EUR (3 x 10.000 EUR)[8] zurückzuzahlen. Die Vorsteuer ist bereits mit der Voranmeldung der Veräußerung des Grundstücks vollständig zu erstatten.[9]

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