7.1 Testament hat Vorrang

Das Gesetz gestattet es dem Erblasser, den oder die Erben durch letztwillige Verfügung, d. h. durch Testament nach § 1937 BGB oder Erbvertrag nach §§ 2274 ff. BGB, zu bestimmen. Durch die Testierfreiheit erweist sich die gesetzliche Erbfolge als dispositiv. Die Erbfolgeregelung durch Testament oder Erbvertrag hat Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge. Der Erblasser wird in die Lage versetzt, gewillkürte Erben einzusetzen. Er kann auch Personen einsetzen, die zu seinen gesetzlichen Erben gehören, auch sie werden dann testamentarische Erben.

Steuerlich problematisch sind die Fälle, in denen der oder die testamentarisch bestimmten Erben mit Erbfallschulden belastet sind. Unter Erbfallschulden versteht man die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Geldvermächtnissen nach §§ 1939, 2147 BGB und Pflichtteilsrechten nach § 2303 BGB.

 
Praxis-Tipp

Nachfolge durch Testament regeln

Vererbt ein Steuerpflichtiger im Rahmen seines Nachlasses auch ein Einzelunternehmen, wird dieses evtl. zu einer Erbengemeinschaft in den unterschiedlichsten personellen Zusammensetzungen und Quotierungen, was unternehmensgefährdend sein kann. Es dürfte sich daher in diesen Fällen im Allgemeinen empfehlen, die Unternehmensnachfolge durch letztwillige Verfügung zu regeln. Diese müssen von Zeit zu Zeit daraufhin überprüft werden, ob sie den aktuellen Verhältnissen noch entsprechen.

7.2 Geldvermächtnis

Ein Vermächtnis ist eine Verfügung von Todes wegen, durch die der Erblasser dem Bedachten, also dem Vermächtnisnehmer, einen Vermögensvorteil zuwendet, ohne ihn als Erben einzusetzen. Vermächtnisse können sowohl in einem Testament als auch in einem Erbvertrag gem. § 1941 BGB angeordnet werden. Der begünstigte Vermächtnisnehmer ist weder Gesamtrechts- noch Einzelrechtsnachfolger des Erblassers[1], sondern erwirbt nach §§ 2147, 2174, 2176 BGB lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf den ihm zugedachten Gegenstand gegen den mit dem Vermächtnis Beschwerten. Gläubiger ist der Vermächtnisnehmer, Schuldner der Beschwerte, meist der Erbe.

 
Hinweis

Vermächtnis ist einkommensteuerneutral

Da der oder die Erben kraft Gesetzes unentgeltlich erwerben, können Vermächtnisse nicht als Entgelt für das geerbte Betriebsvermögen angesehen werden. Ein unentgeltlicher Erwerb vom Erblasser liegt auch vor, wenn der Erbe oder die Erbengemeinschaft mit einem Geldvermächtnis beschwert ist. Entstehung und Tilgung eines Vermächtnisses führen beim beschwerten Erben nicht zu Anschaffungskosten für das im Erbwege erlangte Betriebsvermögen, da die Vermächtnisschuld nicht durch die Absicht, steuerpflichtige Einnahmen zu erzielen, verursacht ist, sondern ihre Veranlassung unmittelbar in dem als Vorgang der Privatsphäre anzusehenden Erbfall findet[2] und es sich folglich um eine Privatschuld handelt.[3] Die Erben müssen die Buchwerte des Erblassers nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG fortführen, dem Vermächtnisnehmer entsteht kein "Veräußerungserlös". Das Vermächtnis ist einkommensteuerneutral.

 
Praxis-Tipp

Kind zum Alleinerben bestimmen

Soll die Entstehung von Veräußerungsgewinnen vermieden werden, kann es sich empfehlen, das Kind, das den Betrieb fortführen soll, zum Alleinerben zu bestimmen und mit Geldvermächtnissen zu Gunsten der anderen Kinder zu belasten. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Aufwendungen zur Erfüllung des Geldvermächtnisses beim Alleinerben, der den Betrieb fortführt, nicht zu Anschaffungskosten führen.

 
Praxis-Beispiel

Sohn wird als Erbe eingesetzt

Durch Testament hat V seinen Sohn S als Alleinerben bestimmt. Seiner Tochter T hat V testamentarisch ein Geldvermächtnis von 100.000 EUR zugewendet. Zum Nachlass gehören ein Gewerbebetrieb mit einem Wert von 200.000 EUR (Buchwert: 75.000 EUR) und ein Sparguthaben von 50.000 EUR.

S erwirbt kraft Gesetzes unentgeltlich, sodass er die Buchwerte des V von 75.000 EUR nach § 6 Abs. 3 Satz 3 EStG fortführen muss. Für T ist der Erwerb des Vermächtnisses ein privater nicht einkommensteuerpflichtiger Vorgang.

Bei der Bestimmung eines Auszahlungszeitpunkts für das Vermächtnis stellt sich die Frage, ob vom Erblasser ein befristetes oder betagtes Vermächtnis angeordnet werden sollte. Ein befristetes Vermächtnis liegt vor, wenn die Entstehung des Vermächtnisanspruchs abweichend von § 2176 BGB erst mit Eintritt des Termins erfolgt.[4] Ist dagegen lediglich die Fälligkeit des Vermächtnisanspruchs hinausgeschoben, liegt ein betagtes Vermächtnis vor.

Der BFH[5] hat entschieden, dass die im Testament verfügte Verzinsung des betagten Vermächtnisanspruchs beim Berechtigten zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führt. Zwar handelt es sich aufgrund der testamentarischen Anordnung um eine erzwungene Kapitalüberlassung an den Erben. Legt der Erblasser jedoch zugleich eine Verzinsung des Vermächtnisanspruchs fest, sind die Zinsen bei Zufluss als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig. Der BFH hat klargestellt, dass Erträge aus Kapitalforderungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen g...

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