Sanierungswürdigkeit und Sanierungsfähigkeit

Vor der finanziellen Sanierung eines Unternehmens mithilfe einer Kapitalerhöhung stehen die Kapitalgeber grundsätzlich vor der Frage, ob das Unternehmen sanierungswürdig und sanierungsfähig ist.[1] Die Entscheidungssituation für alte Kapitalgeber besteht folglich darin, ob das bereits zweifelhaft gewordene Kapital durch Einsatz von neuem Kapital noch zu retten ist bzw. zu einer angemessenen Rentabilität geführt werden kann.[2] Die spezifische Entscheidungssituation des Eigenkapitalgebers unterscheidet sich dabei von der des Fremdkapitalgebers.

Kapitalerhöhung nach Kapitalherabsetzung

Für die finanzielle Sanierung eines Unternehmens durch eine Kapitalerhöhung ist regelmäßig zunächst eine (Eigen- oder Fremd-)Kapitalherabsetzung durchzuführen.[3] Die Kapitalherabsetzung bildet die Voraussetzung dafür, dass dem Unternehmen im Zuge einer sich daran anschließenden Kapitalerhöhung neue Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, die es zur Entspannung der Liquiditätssituation oder zur Beseitigung der Verlustquellen benötigt.[4] Eine Kapitalerhöhung mit vorangegangener Kapitalherabsetzung wird deshalb häufig als doppelstufige Sanierung bezeichnet.[5]

Herabsetzung von Eigenkapital oder von Fremdkapital

Bei der doppelstufigen Sanierung ist es rein begrifflich unerheblich, ob die herabgesetzten oder neu zugeführten Kapitalanteile Eigen- oder Fremdkapitalcharakter besitzen. So kann grundsätzlich sowohl das Eigen- als auch das Fremdkapital herabgesetzt werden. Anschließend können einerseits alte oder neue Anteilseigner neues Eigenkapital, anderseits aber auch alte oder neue Fremdkapitalgeber neue Kredite zur Verfügung stellen. Soll das zugeführte Eigen- oder Fremdkapital wirksam zur Beseitigung von (leistungswirtschaftlichen oder finanzwirtschaftlichen) Krisenursachen eingesetzt werden,[6] ist es erforderlich, dass dem zu sanierenden Unternehmen das Kapital langfristig zur Verfügung steht, da andernfalls in der Zukunft erneut Liquiditätsschwierigkeiten auftreten würden.[7]

Verringerung von liquiditätsbelastenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen

Eine Unternehmenssanierung durch eine doppelstufige Sanierung erscheint insbesondere dann Erfolg versprechend, wenn durch eine der Kapitalerhöhung vorausgegangene Herabsetzung des Fremdkapitals die laufenden liquiditätsbelastenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen des Unternehmens reduziert werden können. Sofern dabei schon im ersten Schritt durch Beseitigung der Überschuldung und/oder durch Verbesserung der angespannten Liquiditätssituation die finanzielle Sanierung vollzogen wird, stehen dem Unternehmen die über die Kapitalerhöhung zufließenden Mittel anschließend zur Umsetzung der notwendigen strategischen Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung, z. B. zur Neuausrichtung der leistungswirtschaftlichen Beschaffungs-, Produktions- und Absatzprozesse.

[2] Vgl. Vormbaum, Finanzierung der Betriebe, 9. Aufl. 1995, S. 532.
[4] Vgl. Vormbaum, Finanzierung der Betriebe, 9. Aufl. 1995, S. 545.
[5] Vgl. Bieg/Kussmaul, Investitions- und Finanzierungsmanagement, Bd. 3: Finanzwirtschaftliche Entscheidungen, 2000, S. 91.
[7] Vgl. Vormbaum, Finanzierung der Betriebe, 9. Aufl. 1995, S. 545.

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