Für den Substanzwert oder Rekonstruktionswert eines Unternehmens gilt folgende Beziehung:

 
  Zeit- oder Wiederbeschaffungsaltwert betriebsnotwendiger Vermögensgegenstände
Schulden
+ Liquidationswert nicht betriebsnotwendigen Vermögens
= Teilrekonstruktionswert (TRW)
+ Rekonstruktionswert Standort, Ruf, Organisation, Kundenstamm, Humankapital, nicht einzelbewertbares Know-how usw. (= Goodwill-Faktoren)
= Vollrekonstruktionswert (VRW) bzw. Substanzwert

Der Teilrekonstruktionswert ergibt sich aus den Wiederbeschaffungsneuwerten nach Alters- und Zustandsabschlägen.

 
Praxis-Beispiel

Angefallene Kosten als beste Schätzung

Ein großer Softwarekonzern (S-AG) ist an den Entwicklungen eines bisher umsatzlosen Start-up-Unternehmens interessiert. Ein Unternehmenskauf wird erwogen. Der bisher bei wirtschaftlicher Betriebsführung (keine überflüssigen Mitarbeiter, keine überhöhten Gehälter usw.) angefallene Aufwand beträgt 5 Mio. EUR. Schätzungsweise weitere 6 Mio. EUR werden anfallen, bis wirtschaftliche und technische Durchführbarkeit beurteilt werden können.

Angesichts der hohen Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens ist die Ermittlung eines Zukunftserfolgswerts nur schwer möglich. Ein nachvollziehbarer Goodwill existiert nicht. Eine nachvollziehbare Größe sind die bisher angefallenen Kosten. Entsprechen diese normalen Verhältnissen (wirtschaftliche Betriebsführung), wird die S-AG (und ein durchschnittlicher Dritter) ähnliche Kosten aufwenden müssen, um den gleichen Forschungsstand zu erreichen. Die angefallenen Kosten stellen daher unter den gegebenen Verhältnissen die beste Schätzung für den Rekonstruktionswert dar. Der tatsächliche Kaufpreis kann naturgemäß je nach Verhandlungsmacht, Zahl der Kaufinteressenten usw. nach oben oder unten abweichen.

Dem Vollrekonstruktionswert kommt in der Praxis nur eine geringe bzw. fast keine Bedeutung zu. Dessen Ermittlung setzt insbesondere Kenntnisse über die Werte der immateriellen Vermögensgegenstände sowie des Goodwills voraus. Dies bedingt wiederum die Ermittlung eines Zukunftserfolgswerts. Die Ermittlung eines Vollkonstruktionswerts ist dann allerdings nicht mehr von Nöten, da bereits der Zukunftserfolgswert bekannt ist.

 
Praxis-Beispiel

Idealisierendes Beispiel Kauf versus Gründung

L will einen Limousinen-Service kaufen oder gründen. Hierzu hat er 3 Varianten:

  • Kauf eines anderen Limousinen-Service mit 300 TEUR Umsatz für 190 TEUR (100 für Geschäftsausstattung (Limousinen) + 90 für Goodwill); Umsätze 01 bis 03: 275, 325, 350 TEUR);
  • Neugründung mit dem Erwerb neuer Fahrzeuge für 200 TEUR (Umsätze 01 bis 03: 150, 300, 350 TEUR);
  • Gründung mit gebrauchter Geschäftsausstattung für 100 TEUR (mit identischen Umsätzen zur vorherigen Variante).
 
  01 02 03 04 05 06 Summe
Kauf für 100 + 90 – 190           – 190
Einnahmen 275 325 350 350 350 350 2.000
Material (40 %) – 110 – 130 – 140 – 140 – 140 – 140 – 800
Diverse fixe Ausgaben – 100 – 100 – 100 – 100 – 100 – 100 – 600
Reparatur, Ersatzinvestition – 20 – 20 – 20 – 20 – 20 – 20 – 120
Überschuss – 145 75 90 90 90 90 290
 
Gründung neu für 200 – 200           – 200
Einnahmen 150 300 350 350 350 350 1.850
Material (40 %) – 60 – 120 – 140 – 140 – 140 – 140 – 740
Diverse fixe Ausgaben – 100 – 100 – 100 – 100 – 100 – 100 – 600
Reparatur, Ersatzinvestition 0 0 0 0 0 – 20 – 20
Überschuss – 210 80 110 110 110 90 290
 
Gründung alt für 100 – 100           – 100
Einnahmen 150 300 350 350 350 350 1850
Material (40 %) – 60 – 120 – 140 – 140 – 140 – 140 – 740
Diverse fixe Ausgaben – 100 – 100 – 100 – 100 – 100 – 100 – 600
Reparatur, Ersatzinvestition – 20 – 20 – 20 – 20 – 20 – 20 – 120
Überschuss – 130 60 90 90 90 90 290

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