OFD Niedersachsen, 9.2.2016, S 2223 - 324 - St 235/S 0185 - 7 - St 245/S 7100 - 674 - St 171/G 1412 - 27 - St 251

 

I. Allgemeines

Tafeln sammeln Lebensmittel ein, die nach den gesetzlichen Bestimmungen noch verwertbar sind, aber im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können (z.B. Lebensmittel kurz vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums, Backwaren vom Vortag oder Fehlproduktionen). Die Tafeln erhalten die Lebensmittel unentgeltlich und geben sie an bedürftige Menschen ab. Die Bedürftigkeit ermittelt jede Tafel unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten in Anlehnung an § 53 AO. Die Tafeln geben die Lebensmittel unentgeltlich oder gegen einen geringen Kostenbeitrag ab. Sie können auch Artikel des täglichen Bedarfs ausgeben. Der Schwerpunkt muss aber auf dem Sammeln und Ausgeben von Lebensmitteln liegen.

Der Name Tafel ist als eingetragenes Markenzeichen durch den Bundesverband Deutsche Tafel e.V. geschützt. Tafeln haben die Rechtsform eines Vereins oder werden in Trägerschaft z.B. des DRK, der AWO oder einer Kirche betrieben. Eine Tafel kann Mitglied im Bundesverband Deutsche Tafel e.V. sein. Der Bundesverband Deutsche Tafel e.V. ist Mitglied des paritätischen Gesamtverbandes.

 

II. Körperschaftsteuer/Gemeinnützigkeit

 

1. Beurteilung der Tafeln

Durch ihre Tätigkeit, Lebensmittel (u.U. auch in geringerem Umfang Artikel des täglichen Bedarfs) unentgeltlich an Bedürftige (§ 53 AO) abzugeben, erfüllen die Tafeln gemeinnützige Zwecke i.S. des § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO (Förderung des Wohlfahrtswesens) sowie mildtätige Zwecke i.S. des § 53 AO.

Sie sind bei Vorliegen der übrigen gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 52 ff. AO gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit.

Geben die Tafeln Lebensmittel gegen einen Kostenbeitrag ab, begründen sie damit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dieser ist als Zweckbetrieb unter den Voraussetzungen des § 66 AO (Einrichtung der Wohlfahrtspflege) ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit.

 

2. Nachweispflicht

Eine Voraussetzung des § 66 AO ist, dass die Leistungen der Körperschaft in besonderem Maße, d.h. zu mindestens 2/3, den in § 53 AO genannten Personen zugute kommen. Dies ist grundsätzlich entsprechend nachzuweisen.

Eine Körperschaft kann sich aber gemäß § 53 Nr. 2 Satz 8 AO unter bestimmten Voraussetzungen von der Nachweispflicht befreien lassen, und zwar dann, wenn aufgrund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen i.S. des § 53 AO unterstützt werden. Davon ist bei den Tafeln im Regelfall auszugehen. Die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebots sind zu berücksichtigen (AEAO zu § 53 Nr. 12).

Bei Einrichtungen, bei denen es grundsätzlich vorstellbar ist, dass vergleichbare Leistungen sowohl an bedürftige als auch an nicht bedürftige Personen erbracht werden, ist dies nicht der Fall. Sie müssen sich hinsichtlich der persönlichen Hilfsbedürftigkeit i.S. des § 53 Nr. 1 AO davon überzeugen und auch dokumentieren, dass derartige Umstände vorliegen. Der Nachweis einer wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit i.S. des § 53 Nr. 2 AO ist gemäß AEAO zu § 53 Nr. 10 in Form einer Berechnung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge sowie einer Berechnung des Vermögens zu erbringen. Aus Vereinfachungsgründen kann auf diesen Nachweis verzichtet werden, wenn die Leistungsempfänger Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, WoGG, § 27a BVG oder nach § 6a BKGG beziehen. In diesem Fall ist eine Ablichtung des Leistungsbescheides oder der Bescheinigung des Sozialleistungsträgers über den Leistungsbezug aufzubewahren (AEAO zu § 53 Nr. 11).

 

III. Umsatzsteuer

 

1. Beurteilung der Tafeln

Geben Tafeln Lebensmittel gegen einen Kostenbeitrag ab, führen sie Lieferungen gegen Entgelt aus. Die Lieferungen sind steuerbar. Entscheidungsunerheblich ist, dass das Entgelt nicht dem Wert der Lebensmittel entspricht (Abschnitt 1.1 Abs. 1 Satz 9 UStAE) und dass die Tafeln nicht die Absicht haben, Gewinn zu erzielen (Abschnitt 2.3 Abs. 8 Satz 2 UStAE).

Die Umsätze einer Tafel können umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 18 UStG sein. Betreibt ein in § 23 UStDV genannter Verband eine Tafel, liegt grundsätzlich eine begünstigte Leistung vor. Eine mittelbare Mitgliedschaft in einem amtlich anerkannten Wohlfahrtsverband reicht aus. Das ist der Fall, wenn eine Tafel Mitglied des Bundesverbandes Deutsche Tafel e.V. ist. Denn dieser ist Mitglied des Paritätischen Gesamtverbandes. Ob die weiteren Voraussetzungen nach § 4 Nr. 18 Buchstaben ac UStG erfüllt sind, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.

Steuerpflichtige Lieferungen der Tafeln sind – soweit § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht erfüllt ist – nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Eine Tafel erfüllt gemeinnützige und mildtätige Zwecke und führt ihre Lieferungen im Rahmen eines Zweckbetriebes nach § 66 AO aus (s. Körperschaftsteuer/Gemeinnützigkeit sowie Abschn. 12.9 Abs. 9 UStAE)...

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