Leitsatz

Soweit eine staatlich anerkannte Heilpädagogin aufgrund fachärztlicher Gutachten Legastheniker behandelt, fallen ihre Leistungen unter den Begriff der Heilbehandlung i.S. der 6. EG-Richtlinie und sind daher nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit.

Soweit die Tätigkeit der Heilpädagogin nicht nur auf die Diagnose und Behandlung von Gesundheitsstörungen gerichtet ist und sie für Sozial- und Jugendämter heilpädagogische Leistungen an behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder erbringt, zu deren Erbringung die Behörden gesetzlich verpflichtet sind, kann sich die Heilpädagogin für die Steuerbefreiung ihrer Leistungen auch unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-Richtlinie berufen.

 

Sachverhalt

Eine Heilpädagogin hat folgende heilpädagogische Leistungen erbracht: für Legastheniker eine individuell angepasste Therapie nach fachärztlichem Gutachten; für Vorschulkinder Übungsbehandlungen zur Behebung von Sprach- und Sprechstörungen, Training der Sinnesorgane und der Aufmerksamkeit, Verbesserung des Sozialverhaltens, Training der Grob- und der Feinmotorik sowie ganzheitliche Entwicklungsförderung bis zur Schulreife. Voraussetzung für die Behandlung und die Bezahlung durch die Behörden sei jeweils ein fachärztliches Gutachten gewesen. Dabei sei die Therapie für Legastheniker vom Jugendamt und die Frühförderarbeit vom Sozialamt, Abteilung Wiedereingliederungshilfe, bezahlt worden. Einzelne Übungsbehandlungen seien von Krankenkassen bezahlt worden.

 

Entscheidung

Teilweise liegen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG vor. Denn die von der Heilpädagogin überwiegend aufgrund fachärztlicher Gutachten durchgeführten Behandlungen von Legasthenikern dienen dem Zweck der Behandlung und soweit möglich der Heilung von Gesundheitsstörungen der Leistungsempfänger. Die Heilpädagogin hat ferner auch den Nachweis ihrer beruflichen Befähigung erbracht, denn sie ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "staatlich anerkannte Heilpädagogin" zu führen.

Soweit die Tätigkeit der Heilpädagogin nicht nur auf die Diagnose und Behandlung von Gesundheitsstörungen gerichtet ist, kann sie sich für die Steuerbefreiung ihrer heilpädagogischen Leistungen auch unmittelbar auf Art 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG berufen. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten die eng mit der Sozialfürsorge und der staatlichen Sicherheit verbunden Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen, von der Steuer. Die Heilpädagogin ist auf der Grundlage von § 35a SGB VIII und nach Maßgabe entsprechender Leistungsvereinbarungen mit den örtlichen Leistungsträgern (Sozialämter) tätig geworden. Diese Umsätze sind hiernach steuerfrei.

 

Hinweis

Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Nachdem die Finanzverwaltung bisher die Umsätze von Heilpädagogen nicht steuerfrei ließ, ist zu erwarten, dass sie Revision einlegen wird.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 21.04.2005, 14 K 2469/02

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge